Krone der Welt
- Lübbe
- Erschienen: Dezember 2020
- 2
Turbulentes Amsterdam im 16. Jahrhundert
Als 1585 Antwerpen an Spanien fällt, bleibt dem Witwer Wim Aardzoon mit seinen drei Kindern nur die Flucht nach Amsterdam. Er hofft dort als Architekt Arbeit zu finden, außerdem können sie dort besser ihren reformierten Glauben ausüben. Der älteste Sohn Vincent ist von Architektur fasziniert und lernt eifrig. Auch er möchte einmal, wie sein Vater, Architekt werden und träumt davon, stattliche Häuser zu bauen. Noch ehe sie in Amsterdam Fuß fassen können stehen die drei als Vollwaisen da. Vincent ist Gott sei Dank alt genug um in die Lehre zu gehen. Seine beiden jüngeren Geschwister Ruben und Betje müssen ins städtische Waisenhaus. Ruben war schon immer rebellischer Natur und da ihn die Seefahrt so beeindruckt, reißt er dort bald aus um als Schiffsjunge anzuheuern. Betje freundet sich mit der Kaufmannstochter Aletta an. Durch diese lernt das Mädchen den katholischen Glauben kennen. In Amsterdam herrschen turbulente Zeiten und jedes der drei Geschwisterkinder muss seinen eigenen Weg finden.
Entwicklung Amsterdams zur Handelsmetropole
Sabine Weiß entführt den Leser mit ihrem Roman in die Niederlande. Ende des 16. Jahrhunderts toben hier mehrere unterschiedliche Kämpfe. Zum einen schwillt der Religionskrieg zwischen Katholiken und Reformierten an. Dazu kommt der Kampf der Spanier gegen die Engländer, der hauptsächlich auf den Meeren ausgetragen wird. Und auch die Händler kämpfen um die Vormachtstellung. Die Mitglieder der Familie Aardzoon sind die Hauptpersonen anhand derer uns die Autorin immenses Wissen diesbezüglich vermittelt. Über einen Zeitraum von gut dreißig Jahren begleiten wir die Geschwister und erfahren viele wissenswerte Details zur bewegten Geschichte der Niederlande. Die Entwicklung wurde akribisch recherchiert und in die fiktive Erzählung der Familie Aardzoon eingebaut.
Opulentes Werk mit vielen Facetten
Auf gut 680 Seiten erzählt Sabine Weiß eine beeindruckende Geschichte. Diese ist unterhaltsam und lebendig, fordert aber dem Leser auch einiges an Konzentration ab. Sie packt viele verschiedene Handlungsstränge an und diese sind sehr gut miteinander verwoben. An der Person des Vincent erfährt der Leser sehr viel über den Baustil der damaligen Zeit. So kann man miterleben, wie genau damals die typischen Stadthäuser oder Grachten gebaut wurden. Dieser Handlungsstrang überwiegt etwas, wenn man ihn mit den Geschichten um die beiden anderen Geschwister vergleicht.
Durch Ruben erhalten wir Informationen bezüglich der Seefahrt und wie die erste Ostindien Handelsfahrt verlaufen ist. Allein dieser Handlungsstrang wäre ein eigenes Buch wert und gerne hätte man darüber mehr gelesen. Auch die Entwicklung von Betje kommt im Verhältnis eher zu kurz. Obwohl sie immer präsent ist wird über ihre Gesinnung eher wenig bekannt. Sie ist der gute Geist und eine begnadete Köchin. Allerdings kommt sie durch ihre Freundschaft zu Aletta in einen Glaubenskonflikt.
Charaktere durchwegs authentisch dargestellt
Die Hauptprotagonisten sind allesamt Sympathieträger und machen eine für sie typische und zugleich positive Entwicklung durch. Natürlich darf auch der Bösewicht nicht fehlen. Er taucht immer wieder im Roman in Gestalt des Lazarus van de Hedecop auf. Er ist böse, berechnend und eiskalt.
Die Authentizität des Romans ist voll und ganz gegeben und wird unterstützt durch die Verwendung typischer niederländischer Begriffe, zum Beispiel Juffrouw oder Mijnheer. Diese werden alle am Ende des Buches in einem eigenen Glossar erklärt.
Lebendiger Schreibstil verzaubert die Leser
Der Autorin gelingt es durch ihren flüssigen und bildhaften Erzählstil die Leser zu begeistern. Sie beschreibt uns die damalige Zeit so fesselnd, dass man meint sich selbst mittendrin zu befinden. Die Beschreibungen sind so detailliert und liebevoll, dass man die Häuser und Grachten beinahe vor sich sieht. Unterstützt wird diese Vorstellungskraft noch durch die Ansicht historischer Karten der Niederlande und im Speziellen von Amsterdam auf der Klappeninnenseite des Buches.
Außerdem gibt es am Anfang ein Personenregister. Hier ist vermerkt welche Personen fiktiv und welche historisch real sind.
Die beachtliche Entwicklung des Handels wird zwar gut erklärt, aber auch dazu hätte man gern noch mehr erfahren. Das hätte jedoch wohl den Rahmen des ohnhin schon umfassenden Werkes gesprengt.
Auf jeden Fall hat Sabine Weiß mit diesem Roman ein sehr wichtiges Stück Geschichte angepackt. Es ist beeindruckend auch einmal etwas über die Entstehung dieser Handelsmetropole zu lesen.
Fazit:
Ein dichter und spannender Roman, der uns viele Informationen und Wissenswertes rund um das historische Amsterdam liefert
Sabine Weiß, Lübbe
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