Hannahs Geheimnis
- Piper
- Erschienen: November 2021
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Elvira Willems (Übersetzung)
Spionage während des Rennens um die Atombombe
Jan Eliasberg, die sich bis jetzt vor allem als Theater-, Film- und Fernsehregisseurin einen Namen gemacht hat, schrieb u.a. auch das Drehbuch für die NBC-Serie „Sisters“. Jetzt hat sie mit „Hannahs Geheimnis“ ihren ersten Roman vorgelegt, der eine Reminiszenz an die Physikerin Dr. Lise Meitner sein soll, die zusammen mit Otto Frisch die erste physikalisch-theoretische Erklärung der Kernspaltung abgab, für die jedoch Otto Hahn im Folgenden den Nobel Preis erhielt.
Fiktive Figuren vor historischem Hintergrund
Die Charaktere im Buch sind fiktiv, orientieren sich jedoch an den Personen, die an dem Rennen um die Atombombe beteiligt waren: Die Gruppe von Wissenschaftlern des „Manhattan Projekts“ rund um den Physiker Robert Oppenheimer in Los Alamos und die feindliche Konkurrenz unter Werner Heisenberg, Kurt Diebner und Otto Hahn in Deutschland. Dass auch eine Frau an der Entwicklung beteiligt war, wird in einem Artikel der Times zum „Manhattan-Projekt“ eindeutig klar: „Die entscheidende Komponente, die den Alliierten erlaubte, die Bombe zu entwickeln, wurde von einer Frau geliefert, eine Nichtarierin, eine Physikerin“. Die Frage nach der Identität dieser Frau und die Frage, warum die Deutschen so kläglich versagten, waren für Jan Eliasberg die Anreize diesen Roman zu verfassen. Der historische Ablauf und Rahmen sollte in Grundzügen bekannt sein, denn die Leserschaft wird ohne Einleitung und Vorwarnung in das Geschehen geworfen.
Wer ist der Spion?
CIA-Agent Jack Delaney wird 1945 nach Los Alamos gerufen. Es gibt einen Spion im „Manhattan Projekt“, der Informationen des streng geheimen Atomlabors an die Deutschen weitergibt. Bald gerät Dr. Hannah Weiss in Verdacht, eine jüdische Physikerin, die aus Nazi-Deutschland geflohen ist. Alles weist auf sie hin, doch was hat sie verraten und vor allem warum? Jack will Hannah helfen und bekommt 72 Stunden Zeit die Wahrheit zu finden. Ein Wettlauf beginnt, denn Hannah droht die Todesstrafe.
Berlin 1938 – Los Alamos 1945
Man merkt der Autorin an, dass sie bis jetzt Drehbücher verfasst hat. Die Geschichte setzt an einem prominenten Punkt ein, der den Leser fesselt, um dann langsam aufgedröselt zu werden. Schrittweise und in Rückblicken können wir den Weg von Hannah als Wissenschaftlerin und Frau verfolgen, der in Berlin begann und in New Mexiko bei Robert Oppenheimer endet. Dabei lernen wir nicht nur die Umstände kennen, mit denen eine Frau in der von Männern dominierten Physik fertig werden muss, sondern auch Gewissensentscheidungen, die über persönliches Leben und beruflichen Erfolg entscheiden. Leider zieht sich die Geschichte sehr lange auf relativ niedrigem Spannungsniveau dahin, bis sie erst kurz vor dem fulminanten Finale an Fahrt zulegt. Doch auch dieses Ende ist schon mehr als einmal in Büchern und diversen Filmen thematisiert worden und erstaunt eigentlich niemanden mehr. Zwar intensiviert Eliasberg das Geschehen noch zusätzlich durch ein Geheimnis, das Jack betrifft und das er sorgfältig wahrt, doch richtig packend sind die Ereignisse über lange Strecken nicht.
Pauschale Figuren mit Geheimnissen
Jack und Hannah sind die zwei Charaktere um die sich alles dreht. Schon ihre Figurenzeichnung ist sehr pauschal ausgefallen – der adrette CIA-Agent mit persönlich gut gehütetem Geheimnis trifft auf die gut aussehende Physikerin, die sich in der Männerriege rund um den karrierebewussten Oppenheimer zu behaupten weiß und als deutsche Jüdin unter Verdacht gerät – beides wandelnde Klischees ohne wirklichen Charakter. Wenn dann auch noch eine Liebesgeschichte ins Spiel kommt, wird es zu rührselig und das Talent der Autorin für gelungene Drehbücher doch sehr offensichtlich. Wirkliche Tiefe in den Charakteren und in der Handlung sucht am leider vergebens.
Wem jedoch die historischen Ereignisse und Hintergründe noch nicht so geläufig sind, lernt hier eine Frau kennen, die ohne Rücksicht auf ihre Person handelt – in privater und beruflicher Hinsicht - und die dann trotz ihrer pauschalen Zeichnung ein Novum sein dürfte.
Fazit
Ein Buch, wie gemacht für einen Film! Die Suche nach dem Verräter wissenschaftlicher Geheimnisse ist zwar nur geringfügig spannend, entführt aber in eine brisante Zeit, die entscheidend für die Zukunft der Welt war.
Jan Eliasberg, Piper
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