Die Mutige
- Rütten und Loening
- Erschienen: April 2021
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Wer war Jackie Kennedy wirklich?
Als sie sich in den smarten Politiker John F. Kennedy verliebte, konnte die Journalistin Jacqueline Bouvier nicht ahnen, dass sie damit den Grundstein dafür gelegt hatte, später zur First Lady der Vereinigten Staaten aufzusteigen – und eine unglückliche Frau zu werden. Die Bilder, wie der Präsident der Vereinigten Staaten nach einem Attentat in den Armen seiner Frau zusammengebrochen ist und verblutete, sind unvergessen. Und auch, wie die attraktive aber unnahbare Witwe Jackie Kennedy mit ihren Kindern an der Hand hinter dem Sarg schritt. Aber wie es in der Frau ausgesehen hat, die von ihrem in der Öffentlichkeit so strahlenden Ehemann gedemütigt und immer wieder betrogen wurde, blieb verborgen. So erscheint mit dieser Roman-Biographie „Die Mutige“ die Amerikanerin, die später mit einem der reichsten Männer der Welt, mit Aristoteles Onassis, verheiratet war, in einem völlig neuen Licht. Jackie Kennedy bekommt durch die Autorin Stephanie Marie Thornton eine Stimme, ihr Leben wird neu beleuchtet und vieles erklärt.
Schwieriges Unterfangen
Eine Frau, die in der Öffentlichkeit zunächst fast wie eine Heilige, zumindest aber als eine Persönlichkeit mit fast eiserner Disziplin, wahrgenommen, später aber durch ihre Heirat mit dem griechischen Reeder zur „Verräterin an den amerikanischen Männern“ erklärt wurde, zu skizzieren, ist ein schwieriges Unterfangen. Obwohl die Öffentlichkeit mehr oder weniger wusste, dass John F. Kennedy dem Begriff Treue wenig abgewinnen konnte und sein smartes Auftreten eine dunklere Seite verbarg, wurde das Paar als „Traumpaar“ schlechthin wahrgenommen. Dass diese Fassade äusserst bröckelig ist, macht die Autorin in ihrer Roman-Biographie unmissverständlich klar. Sie zeichnet das Bild einer lebensfrohen Frau, die durch die ständigen Eskapaden ihres Mannes und die Härte der Familie Kennedy nach und nach gebrochen wird, ohne letztlich daran ganz zu zerbrechen. Wurde Jackie Kennedy vor allem im ausgehenden 20. Jahrhundert als Luxusweib dargestellt, die Onassis einzig geheiratet hatte, um mit vollen Händen Geld ausgeben zu können, zeigt Thornton eine Frau, die versuchte, vor ihrem Image zu fliehen und vom Regen in die Traufe geriet. Jackie Kennedy wird zu einer starken, mutigen Frau, die alles investiert und vieles verloren hatte. Die ihre Gefühle und Träume dem Machtstreben Kennedys unterwarf und die immer wieder von schweren Schicksalsschlägen erschüttert wurde.
Fast eine Liebeserklärung
Stephanie Marie Thornton findet liebevolle Worte für die umstrittene Persönlichkeit, ja, ihr Roman ist fast eine Liebeserklärung an Jackie Kennedy. Aber es ist kein Bild, das durch die rosarote Brille aufgenommen ist. „Die Mutige“ zeichnet das Bild einer Frau, die durchaus auch Fehler machte, die aber grundsätzlich versuchte, mit dem System klar zu kommen, in das sie durch ihre Heirat geraten war.
Die Lektüre des Romans wird vielen, die eine vorgefasste Meinung über die einstige First-Lady der Vereinigten Staaten hatte, eine Erinnerung daran sein, dass hinter der Fassade stets ein Mensch steckt, dessen Leben ganz anders aussehen kann, als man es sich vorgestellt hat. Geschrieben in einer süffigen Sprache, verlockt der Roman dazu, sich in die Geschichte hinein sinken zu lassen und nach und nach Sympathien für eine Frau aufzubauen, die so viel erreicht hat, und ebenso viel verloren hat.
Fazit
Biographien haben die Chance, die Persönlichkeit eines Menschen von einer ganz anderen Seite zu beleuchten, als sie generell wahrgenommen wurde. Diese Chance hat Stephanie Marie Thornton genutzt und ein spannendes, berührendes und nachklingendes Werk über Jackie Kennedy vorgelegt.
Stephanie Marie Thornton, Rütten und Loening
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