Ada und die Gleichung des Glücks
- Lübbe
- Erschienen: August 2022
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Sienna David lässt der Pionierin der Informatik eine späte Würdigung zukommen.
Es ist nun mal so, dass die Bestimmung der Frau in der Mutterschaft liegt, Mylord. Natürlich solltet Ihr Eurer Gattin etwas Zeit geben zur Rekonvaleszenz, doch wartet nicht zu lange. Es soll Fälle gegeben haben, in denen sich die Gebärmutter am Gehirn festbiss und die Patientin am Ende ins Tollhaus kam.
Ada Byrons Wissensdurst und ihr wacher Verstand lassen sie als Kind oft unbeherrscht erscheinen. Sie ist ausserordentlich dickköpfig und ungewöhnlich sensibel. Ada erhält von ihrer Mutter, Lady Annabella, einer Hobby-Mathematikerin, eine naturwissenschaftliche Ausbildung. Schliesslich soll die Tochter nicht wie der Vater, der Poet Lord Byron, einem unberechenbaren und sündigen Lebenswandel verfallen. Eine schwierige Kindheit ist die Folge.
Kontrolle
Lady Annabella überlässt nichts dem Zufall und so ist es für Ada eine ständige Herausforderung, die ihr gesetzten Grenzen einzuhalten. Ihre Unruhe kann nur in Schach gehalten werden, wenn sie ihren messerscharfen Verstand arbeiten lassen kann. Erste Abenteuer und Entdeckungen mit dem Stallburschen Wally bescheren ihr mit dreizehn Jahren Glücksmomente und ein erstes Gefühl von Freiheit. So auch, als sie als Junge verkleidet die Rennbahn in Ascot besucht. Als Glück erweist sich dann Jahre später, da ist sie Siebzehn, das Treffen mit dem Mathematiker Charles Babbage. Er tüftelte an einer Rechenmaschine, der Difference Engine. Ada versteht den Mechanismus sofort und schon bald bilden Babbage und sie ein Team. Und für Ada ist es eine der wenigen Möglichkeiten, der Kontrolle der Mutter zu entfliehen. Bei Charles Babbage trifft sie wieder auf Michael Flynn. Ihn hat sie Jahre zuvor in Ascot beim Pferderennen mit Wally kennengelernt. Er erobert ihr Herz, obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Unterdessen sucht Lady Annabella in den passenden Kreisen einen Ehemann für Ada.
Das gängige Frauenbild
Sienna David vermag in ihrem biographischen Roman die Rolle der Frau in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts sehr genau wiederzugeben. Die Einschränkungen, die Ada so schwerfallen und die sie nicht akzeptieren will, gehören zum herrschenden Frauenbild. Obwohl Lady Annabella ihrer Tochter eine naturwissenschaftliche Ausbildung zukommen lässt, ist es in der Öffentlichkeit Frauen untersagt, zu studieren oder wissenschaftliche Bibliotheken zu besuchen. Später wird sich Adas Ehemann, William King, Lord Lovelace, in der Royal Society einschreiben lassen. Er wird für sie wissenschaftliche Abhandlungen abschreiben, da ihr der Zutritt als Frau verwehrt ist.
Die Autorin benutzt die fiktive Figur des Michael Flynn damit sie die Schattenseiten der Geschichte darzustellen vermag, wie sie im Nachwort schreibt. Das ist einerseits verständlich, aber insofern schade, als dass die ersonnene Liebesgeschichte mehr als die Hälfte des Buches einnimmt. Der Fokus richtet sich deshalb weniger auf die herausragenden Fähigkeiten und Leistungen Adas als auf die gesellschaftlichen Normen und eben die Beziehung zu Flynn.
Die Autorin erzählt aus Adas Leben, indem sie zwischen Kapiteln mit der Bezeichnung „Damals“ und „Heute hin- und herwechselt. Dieser Zeitraum umfasst sieben Jahre und zeigt ihre Entwicklung zur jungen Frau. Erst gegen Ende des Romans lässt sie ein paar Jahre verstreichen und erzählt von Ada als ernsthafte Wissenschaftlerin, Ehefrau und Mutter dreier Kinder.
Fazit
Die Geschichte einer Tochter aus gutem Haus, hochintelligent und sensibel, die mit dem Leben als Frau hadert. Adas Wissensdurst ist unstillbar – ihrem Freiheitsdrang sind jedoch gesellschaftliche Grenzen gesetzt. Sienna David holt mit diesem biographischen Roman die Pionierin der Informatik aus der Vergessenheit und lässt ihr eine späte Würdigung zukommen.
Sienna David, Lübbe
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