Fräulein Stinnes und die Reise um die Welt
- Blanvalet
- Erschienen: Mai 2022
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Eine faszinierende Frau, die ihren Lebenstraum mutig in die Tat umsetzt, dafür fast mit dem Leben bezahlt und heute fast völlig in Vergessenheit geraten ist.
Deutschland, in den 1920-er Jahren: Frauen sind zum Kinderkriegen da, führen Männern den Haushalt und kümmern sich um die Erziehung ihrer Kinder. Nichts für die Industriellen-Tochter Klara Eleonore Stinnes (21.1.1901-7.9.1990), genannt Clärenore. Mutig setzt sie sich über die Konventionen ihrer Zeit hinweg: Auf Auto-Rennstrecken in ganz Europa tritt sie gegen männliche Konkurrenten an und triumphiert 17-mal, ehe sie 1927 als erster Mensch mit dem Auto einmal den gesamten Globus umrundet.
Das Abenteuer ihres Lebens
Mit ihrem Hund „Lord“, zwei Mechanikern und dem schwedischen Fotografen Carl-Axel Söderström bricht Clärenore Stinnes am 25. Mai 1927 in das Abenteuer ihres Lebens auf: Sie will „der ganzen Welt beweisen, dass Frauen ebenso mutig wie Männer sein (können)“, dass sie in der Lage sind, Außergewöhnliches zu leisten und über sich hinauszuwachsen. Zwei Jahre lang hat sie ihre Expedition – völlig auf sich allein gestellt und gegen den Widerstand ihrer ganzen Familie – akribisch geplant und vorbereitet. Sie hat Sponsoren gesucht, Politiker auf der ganzen Welt um Unterstützung gebeten, Ersatzteillager und Treibstoffdepots an strategisch günstigen Zwischenstationen angelegt.
Mit 45 PS rund um die Welt
46.758 Kilometer legt Clärenore in den kommenden zwei Jahren zurück. In einer Serienlimousine mit Drei-Gang-Getriebe und 45-PS-Motor, die ihr die deutschen Adlerwerke zur Verfügung gestellt haben, durchquert sie von Frankfurt am Main aus 28 Länder. Während beide Techniker die Tour vorzeitig abbrechen und nach Deutschland zurückkehren, geben Clärenore und ihr Fotograf nie auf. Wochenlang harren sie in Irktusk aus, ehe sie es wagen, den zugefrorenen Baikalsee zu überqueren – und verlieben sich ineinander.
Lebendig und historisch fundiert erzählt Autorin Lina Jansen von einer jungen Frau, die sich nicht mit dem Leben zufriedengeben will, das ihr vorbestimmt scheint. Denn obwohl Clärenore mehr Ahnung vom Firmenkonglomerat Stinnes hat, mehr unternehmerisches Denken mitbringt als beide Brüder zusammen, steht nie zur Debatte, dass sie nach dem frühen Tod des Vaters die Leitung des Imperiums übernimmt. Also konzentriert die junge Frau sich auf ihre sportliche Karriere – und die Verwirklichung ihres Lebenstraums.
An die eigenen Grenzen – und darüber hinaus
Auf ihrer Reise um die Welt müssen Clärenore und ihr Team viele technische Pannen meistern, extremer Hitze und eisiger Kälte trotzen. Sie haben persönliche Rückschläge, Krankheiten und politische Unruhen zu überstehen, gehen mehr als einmal an ihre Grenzen – und darüber hinaus.
Lina Jansens Roman beginnt am Tiefpunkt von Clärenores Abenteuer: Im August 1928 erkranken die junge Expeditionsleiterin und Carl-Axel Söderström, den sie später auch heiraten wird, am „bösen Lungenfieber“ und ringen im bolivianischen Hochland wochenlang, mit dem Tod. Die Erzählung springt zurück ins Jahr 1925, in dem Clärenore mit der Planung ihrer Expedition beginnt, und so geht es auf den folgenden 400 Seiten weiter: Ein Kapitel 1928 im Bolivianisches Hochland, eines mit Rückblick auf eine der vielen Stationen der Reise usw., bis beide Handlungsstränge miteinander verschmelzen.
Als Clärenore Stinnes am 7. September 1990 in Südschweden stirbt, sind ihre Leistungen nahezu vergessen. Autorin Lina Jansen gelingt es in ihrem Roman, von der ersten Seite an ebenso fesselnd wie emotional von dieser tapferen Pionierin und Feministin der ersten Stunde zu erzählen und ihr Leben und Werk so posthum zu ehren.
Fazit
Fräulen Stinnes und die Reise um die Welt ist Reisebericht, Abenteuerroman, Liebesgeschichte und spannendes Frauenporträt – alles in einem. Eine packend erzählte Romanbiografie über eine in vielerlei Hinsicht außergewöhnliche junge Frau, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Mut hat, ihren Traum zu leben. Gegen alle Widerstände, gesellschaftliche und familiäre Konventionen.
Jansen Lina, Blanvalet
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