Töchter der Speicherstadt – Der Duft von Kaffeeblüten
- Piper
- Erschienen: Februar 2022
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Der kühle Norden und seine Art
Nie hätte sich Maria Pereira da Silva träumen lassen, dass sie sich mit einem Hamburger Kaffeehändler verheiraten würde. Geschweige denn, dass sie ihr Heimatland Brasilien verlassen und in den kühlen Norden Deutschlands ziehen würde. Doch der drohende Verlust der Kaffeeplantage und die liebenswürdige Art des Kaufmanns Johann Behmer vereinfachten die Entscheidung.
So kühl wie das Wetter in Hamburg, ist auch der Empfang durch die Schwägerin und den Schwager. Als Wilde wird Maria von Gertrud, der Frau von Johanns Bruder Alfons, in der feinen Hamburger Gesellschaft präsentiert. Dabei ist Maria gebildeter als viele auch nur zu ahnen vermögen. Und sie versteht eine Menge von Kaffee. Die täglichen Teufeleien von Gertrud lernt sie mit der Zeit zu parieren und sie nimmt schon bald ihr Leben, fern der Heimat, selber in die Hand.
Auf die Unterstützung ihres Ehemannes kann Maria zählen, mögen die Umstände auch noch so schwierig sein. Sie übernimmt, mit Johanns Einverständnis, die Fazenda ihres Vaters im fernen Brasilien, als dieser schwer erkrankt. Mit Hilfe von Menschen, die sie ermutigen und unterstützen, versucht sie, ihren Kaffee in Hamburg, ausserhalb des Kaffeevereins, zu verkaufen. Was sich als Herkulesaufgabe erweist.
«Doch dann fiel ihr wieder ein, dass sie und jede andere Frau im Reich das Eigentum ihres Gatten waren. So lautete das Gesetz. So standen die Dinge.» (Quelle: Roman)
Ein Ereignis, ausgelöst durch Alfons Behmer, und der Beginn des Ersten Weltkrieges verändern das Leben von Maria und Johannes Behmer massiv. Es bleibt kein Stein auf dem anderen.
Hamburgs Speicherstadt und der Handel
Anja Marschall versteht es meisterhaft, die Welt der Speicherstadt und des Kaffeehandels auferstehen zu lassen. Kenntnisreich und spannend erzählt sie die Geschichte der Kaufmannsfamilie Behmer. Alfons Behmer der Zahlenmensch und Johannes Behmer, der das Verhandeln meisterlich beherrscht. Die beiden Brüder ergänzen sich aufs Beste. Wäre da nicht Alfons Ehefrau Gertrud. Mit ihrer Figur gelingt es der Autorin, die gesellschaftlichen Dünkel und Verhaltensweisen aufzuzeigen. Die Unterschiede zwischen Adel, Politik und Kaufleute und die Fallstricke im Umgang mit diesen Kreisen sind absolut glaubhaft dargestellt. Das ist hervorragend gelungen. Nur zu gerne nimmt man am Leben der Familie Behmer teil und liebt und leidet mit den Protagonisten.
Im ersten Band der Kaffee-Saga taucht man ein in die faszinierende Welt der Hamburger Kaufleute und Bürger. In der Zeitspanne von 1842-1914 erzählt Anja Marschall vom Leben und Wirken der Kaufmannsfamilie.
«Ich sag Ihnen, Johann, Patriotismus ist eine feine Sache, aber wir sind Kaufleute, da ist Politik nur eine Einflussgrösse im Geschäft. Niemals das Geschäft selber.» (Quelle: Roman)
Sie zeigt auf, wie wichtig die gesellschaftlichen Normen, die Konventionen in dieser Zeit sind. Wie Traditionen gepflegt und die Strukturen auf Gedeih und Verderb erhalten werden. Und sie erzählt von starken Frauen, die ihren Weg trotz der gesellschaftlichen Einschränkungen gehen. Das ist unterhaltsam, lehrreich und toll formuliert.
Fazit
Eintauchen in fremde Welten und den Duft von Kaffee in der Nase – das ist der Autorin ausgezeichnet gelungen. Bildhaft formuliert und mit viel Liebe zu historischen Details erzählt Anja Marschall von der Speicherstadt in Hamburg und vom Kaffeehandel. Nebst dem Duft der grossen weiten Welt beschreibt sie das Leben von starken Frauen, die die Zügel in die Hand nehmen und sich nicht unterkriegen lassen.
Anja Marschall, Piper
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