Die Engel von Berlin
- Droemer-Knaur
- Erschienen: April 2022
- 0
Die Liebe zu Kindern
Vor ihrer Heirat hat Annegret bei den Pfadfindern als Leiterin gewirkt. Als sie für einen dreiwöchigen Einsatz im Grunewald angefragt wird, stimmt sie freudig zu. Sie hätte gerne eigene Kinder, aber ihr sehnlichster Wunsch ist noch nicht in Erfüllung gegangen. Das Pfadfinderlager ist deshalb die perfekte Gelegenheit, sich mit Kindern zu umgeben und sich ablenken zu lassen.
Für diese drei Wochen hat sich auch die quirlige Martha, eine Pfadfinderin aus England, angemeldet. Sie hofft, nebst der Aufsicht über die Kinder, die Stadt Berlin entdecken und fotografieren zu können.
Zwei ungleiche Frauen – Mutig und engagiert
Die beiden ungleichen Frauen müssen sich erst kennenlernen, aber dank der aufgeschlossenen Engländerin geschieht dies schnell. Die unkomplizierte und offene Martha bildet das pure Gegenstück zu der eher schüchternen und gutgläubigen Annegret. Gemeinsam ist ihnen aber die Liebe zu Kindern. Als Martha nach diesen drei Wochen zurück nach London fährt, halten die beiden Frauen Briefkontakt. Aus der Ferne nimmt Martha am Leben von Annegret teil. So erfährt sie auch von den immer stärker werdenden Repressionen gegen die Juden. Als Annegret Martha um Hilfe in einer Herzensangelegenheit bittet, willigt diese gerne ein. Mit dem Fortschreiten des Krieges ändert sich in England die Stimmung gegen Deutschland. Der Briefkontakt zwischen Martha und Annegret bricht ab. Nach dem Krieg kehrt Martha berufsbedingt in das zerstörte Berlin zurück. Sie nutzt die Gelegenheit und macht sich auf die Suche nach Annegret.
An den Aufgaben wachsen
Der Roman ist eigentlich die Geschichte von Annegret. Diese gutgläubige, etwas schüchterne junge Frau, die sich mit grossem Engagement für das jüdische Mädchen Fanny und die Kinder der jüdischen Familie Mandel einsetzt. Sie wird zur Frau, die an der Grösse ihrer Aufgaben wächst.
Martha, Annegrets Pfadfinderfreundin, ist in London vorerst in ihren Alltag zurückgekehrt. Von den schrecklichen Zuständen in Berlin erfährt sie durch die Briefe Annegrets. Die Schilderungen lassen Schreckliches ahnen. Als Annegret sie um die Aufnahme des jüdischen Mädchens Fanny bittet, das in einem Kindertransport nach England in Sicherheit gebracht werden soll, ist Martha zur Stelle. Aber auch sie ändert ihre Einstellung zu Deutschland, als London angegriffen wird.
Hanna Lucas hat sehr viele Themen in diesen Roman gepackt. Die Pfadfinder und das Motto des Gründers der Pfadfinderbewegung: «Versucht, die Welt ein bisschen besser zurückzulassen, als ihr sie vorgefunden habt.» spielen dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Denn nach diesen Vorsätzen agieren die Hauptfiguren; sie spiegeln sich in den tatsächlichen Begebenheiten während des Zweiten Weltkrieges. Eindrücklich beschreibt die Autorin das sich verändernden Klima in der Stadt Berlin. Die immer brutaler auftretenden Nazis, die ausufernden Handlungen gegen die jüdische Bevölkerung und die Deportationen. Sie bleiben nachhaltig im Gedächtnis. Dass unter diesen Umständen selbstlose Menschen sich für andere einsetzen, ist ein wunderbarer Lichtblick.
«Das Glück konnte man im Kleinen finden. In Menschen, die gut zu einem waren.» (Quelle: Roman)
Der Einstieg und das Ende der Geschichte spielen in der Gegenwart. Sie wollen nicht so recht zur restlichen Geschichte passen und fühlen sich fremd an. Die Autorin wollte aber, gemäss ihrem Nachwort, die teils fehlende Emotionalität der Kriegsgeneration damit zum Ausdruck bringen. Vielleicht hätte dies ausführlicher behandelt werden müssen.
Übers Ganze gesehen ist die Lektüre manchmal etwas langatmig und mit vielen Fragesätzen gespickt. Ansonsten ist sie in leichter Sprache geschrieben und damit gut nachvollziehbar. Doch die nachhaltige Wirkung ist garantiert.
Fazit
Ein Roman, der zeigt, dass es auch im Irrsinn und im Leid gute Seelen gibt, die sich aufopfern und ihr Leben für andere riskieren. Leicht und schnörkellos erzählt er die Geschichte zweier junger Frauen, die mutig und engagiert handeln.
Hanna Lucas, Droemer-Knaur
Deine Meinung zu »Die Engel von Berlin«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!