Vespasian - Bd. 7: Das zerrissene Reich
- Rowohlt
- Erschienen: Mai 2020
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Vespasian auf der Flucht vor Nero
Rom, 58 nach Christus: Seit vier Jahren ist Nero Kaiser des Römischen Reiches, und die allgemeine Situation ist noch schlimmer, als sich Vespasian, sein Bruder Sabinus und viele andere Senatoren vorstellen konnten. Wer nicht in Neros Gunst steht, muss stets befürchten, Opfer seiner brutalen Späße zu werden, die auch mal tödlich enden können. Nachts zieht Nero verkleidet mit seinen Spießgesellen durch Rom, zerstört Häuser und tötet und schändet Menschen, einfach so, weil er es kann und sich niemand dem Kaiser wiedersetzen würde. Hingegen hält er sich aus der Politik mehr oder weniger raus, da er davon nicht viel Ahnung hat, immerhin ist er erst 20 Jahre alt.
Im Hintergrund zieht Seneca die finanziellen Fäden und häuft Reichtümer an, indem er Geld zu unverschämt hohen Zinsen verleiht. Gerüchten zufolge will Rom sich aus Britannien zurückziehen, da sich diese Invasion und Investition für Rom nicht wirklich rechnet. Als Vespasian bei Nero in Ungnade zu fallen droht, nimmt er widerwillig einen Auftrag in Britannien an, um nicht Opfer der Spielchen des Kaisers zu werden. Gemeinsam mit seinem Bruder Sabinus und seiner Geliebten Caenis, die in Diensten Senecas steht, reisen sie auf die Insel, um die Rückzahlungen für Seneca einzutreiben. Hier legen sie sich ungewollt mit dem Stamm der Icener an.
Der Prokurator Decianus lässt den Häuptling der Icener hinrichten und hat nicht mit der Rache von dessen Witwe gerechnet. Königin Boudicca schwört, alle Römer in Britannien zu töten, außer Vespasian, denn er hat versucht, Decianus aufzuhalten. Vespasian und seine Begleiter versuchen, die römischen Siedlungen im Umkreis zu warnen, doch Boudicca ist nicht mehr aufzuhalten und beginnt ein gnadenloses Gemetzel. Vespasian muss all seine Listen und Kräfte aufbieten, um Boudicca und ihr Heer zu stoppen, sonst wird er sich nie wieder in Rom blicken lassen können…
Drahtzieher Seneca
Im siebten Teil seiner hervorragenden Vespasian-Reihe wird mehr als üblich zur Waffe gegriffen, und so sei der geneigte Leser direkt zu Beginn vor überbordender Brutalität gewarnt, die in diesem Band geschildert wird. Fabbri schildert teilweise recht detailliert, wie Nero sich mit seinen Opfern vergnügt oder wie in den zahlreichen Schlachten die Gegner sich mit Speeren und Schwertern gegenseitig auf verschiedenste Art und Weise ins Jenseits befördern. Das ist nicht für jeden Geschmack etwas, wenngleich es die enorme menschenverachtende Brutalität beschreibt, mit der im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung miteinander umgegangen wurde. Bist du nicht für mich, bist du gegen mich, und daher bist du im Weg und stirbst. So einfach ist es auf dem Feld, wenn man um sein eigenes Leben kämpft.
Aber der Roman besteht nicht nur aus Gemetzel, sondern auch aus politischen Aspekten, die historisch interessant sind, und auch Neros Gesangskünste werden intensiv beschrieben; sie stellen in ihrer Lächerlichkeit den Höhepunkt der Formulierungskunst des Autors in diesem Roman dar. Neros Selbstüberschätzung, nicht nur auf diesem Gebiet, ist durchaus Ursache für manchen Schmunzler in dem Roman.
Hinter den Kulissen zieht der intrigante Seneca seine Fäden, der sehen muss, dass er seine finanziellen Schäfchen ins Trockene bekommt. Auch er bedient sich mitunter unlauterer Methoden, mal für Nero, mal an ihm vorbei, und so schwebt seine Geldgier letztlich über allem. Dass Vespasian für und wegen ihm nach Britannien reist, ist Glück im Unglück, immerhin kennen er und Sabinus sich dort aus und haben auch noch Bekannte dort. Doch sie müssen diesmal mehr um ihre Leben fürchten als jemals zuvor.
Integrierter Boudicca-Aufstand
Die Geschichte Boudiccas, die bereits einige eigene Romane bekommen hat, wird hier in einen größeren historischen Kontext gesetzt und für Leser, die bislang nur ihren Namen gehört hatten, sonst aber weiter nichts damit anfangen konnten, ins rechte Licht gerückt. Dass dabei auch die brutalen Druiden der Insel eine wichtige Rolle spielen – fernab jeglicher vorherrschenden netten Druiden-Vorkommen in einer bekannten Comic-Reihe – ist eine Fortsetzung der Begegnungen Vespasians mit den Druiden aus seiner ersten Zeit in Britannien und lässt dem Leser das Blut in den Adern gefrieren.
Eine historische Karte Südenglands und ein lesenswertes sechsseitiges Nachwort, in dem der Autor die Unterscheidungen von Realität und Fiktion darstellt – er hat sich erstaunlich wenig zusätzlich ausdenken müssen -, ergänzen neben einer Leseprobe des Folgeromans diesen siebten und vorvorletzten Teil der Vespasian-Reihe. Noch ist er nicht Kaiser, aber der Weg ist nicht mehr weit. Immerhin darf er hier bereits mit seinen beiden Söhnen Titus und Domitian ins Feld ziehen. Auch sie werden Kaiser werden, aber eins nach dem anderen.
Fazit
„Das zerrissene Reich“ ist der siebte Teil der erfolgreichen Vespasian-Reihe von Robert Fabbri, an dessen Ende im Jahr 62 Nero immer noch Kaiser ist, aber dessen Gegner sich bereits in Stellung bringen. Fabbris einfacher, aber spannender Erzählstil sorgt für packende Leseerlebnisse, die allerdings streckenweise recht blutig geraten und nichts für sanfte Gemüter sind. Dennoch bietet sich hier eine gelungene Lektüre aus dem Alten Rom. Zwei Bände stehen noch aus, es bleibt empfehlenswert.
Robert Fabbri, Rowohlt
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