Die verschwundene Braut
- Pendo
- Erschienen: März 2022
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Weniger Krimi, mehr historisches Lokalkolorit
Yorkshire 1845: Die Schwestern Bronte werden von ihrem Bruder Branwell auf einen mysteriösen Vorfall aufmerksam gemacht: Mrs. Elizabeth Chester ist verschwunden und in ihrem Schlafzimmer wird eine Unmenge Blut gefunden, die vermuten lässt, dass sie ermordet wurde. Aber was ist wirklich geschehen?
Bella Ellis, ein Pseudonym von Rowan Coleman, das schon die Vorliebe der Autorin für die Schwestern Bronte erkennen lässt, schreibt so markant, dass es ihre Leser und Leserinnen direkt nach England des 19. Jahrhunderts verschlägt.
Mühsamer Einstieg
Leider ist es auch genau das, was zu Beginn hinderlich ist, denn der Schreibstil erinnert an die Romane der Brontes, wirkt dadurch etwas hölzern und altbacken. Er schafft eine Distanz, weshalb es ein wenig Zeit braucht, bis man sich sowohl an den Schreibstil als auch an die Geschichte gewöhnt hat.
Die Erzählung entfaltet sich sehr langsam, man könnte sogar schwerfällig sagen. Die Schwestern beginnen zu ermitteln, pirschen sich vorsichtig heran und versuchen, dabei nicht aufzufallen, was sie aber natürlich doch tun, da es für die Zeit ungewöhnlich ist, wenn drei Frauen Detektiv spielen. Dabei begeben sie sich auch in gefährliche Situationen, bei denen man mitfiebert, ob alles gut ausgehen wird und wie sie sich daraus befreien werden. Dennoch bleiben die spannenden Momente eher selten.
Die erste richtig spannende Szene beginnt erst nach ca. 170 Seiten. Für einen Krimi ist das ein bisschen wenig, für einen historischen Roman durchaus in Ordnung, denn nun reißt die Geschichte einen förmlich mit, so dass man in ihr versinken kann.
Kriminalistischer Auftakt
Die Ansätze, wie die Ermittlungen aufgezogen und vorangetrieben werden, sind nachvollziehbar; auch wenn es modern anmutet, wenn von Beweisen und Alibis die Rede ist, hatte gerade einige Jahre zuvor Edgar Allen Poe seinen „Doppelmord in der Rue Morgue“ veröffentlicht und quasi die Ära der Kriminalliteratur eingeläutet.
Mehr jedoch als die kriminalistische Analyse stehen das Familien- und Gemeindeleben im Vordergrund, so dass man einen umfassenden Einblick gewinnt, wie das Leben damals ausgesehen haben mag. Die Gespräche der Schwestern untereinander sind teilweise amüsant, weil sie nicht nur eine gewisse Rivalität offenbaren, sondern auch schmunzelnde Neckereien, teilweise ein wenig altklug und pathetisch wie auf S. 133, wo Emily einen kleinen Vortrag hält, der etwas aufgesetzt wirkt.
Den einzelnen Kapiteln steht jeweils eine Schwester vor, deren Gedanken nun etwas detaillierter gefolgt werden kann, was allerdings zuweilen für Verwirrung sorgt, wenn man die Schwestern verwechselt.
Fazit
„Die verschwundene Braut“ ist der Auftakt einer Reihe, in der die Bronte-Schwestern ermittelnd tätig werden. Auch wenn der Roman einige Seiten braucht, um einen Sog zu entwickeln, so reißt er in der zweiten Hälfte leidenschaftlich mit, was Freude auf den zweiten Teil weckt.
Bella Ellis, Pendo
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