Der Auftrag des Papstes
- Goldmann
- Erschienen: Februar 2024
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Hommage an Thomas von Aquin.
1274: Drei Jahre nachdem sich der einstige Inquisitor Yves le Breton in ein Kloster in seiner heimatlichen Bretagne zurückgezogen hat, wird er vom Papst reaktiviert. Thomas von Aquin, der geniale, aber innerkirchlich umstrittene Theologe und Philosoph, ist plötzlich gestorben, und päpstliche Berater vermuten Mord. Begleitet von dem jungen Mönch Bernard Gui begibt sich Yves nach Süditalien, um die Todesumstände seines Freundes und dominikanischen Ordensbruders zu erforschen. Auch sein früherer Schüler Berengario da Verona, jetzt Inquisitor in Neapel, steht ihm bei den Ermittlungen zur Seite. Starb Thomas tatsächlich eines unnatürlichen Todes, und wenn ja: Stecken politische Intrigen dahinter? Eine alte Familienfehde? Oder hatte Thomas bei seiner Suche nach Erkenntnis etwas entdeckt, was Gott - oder den Teufel - persönlich auf den Plan rief?
Aus aktuellem Anlass?
Thomas wurde schon im ersten Band erwähnt und hatte im zweiten (dort auch in der Übersetzung als Tommaso d'Aquino) einen markanten Auftritt. Er gilt als einer der bedeutendsten Denker des Mittelalters und prägt die katholische Lehre auf vielen Gebieten bis heute. Der Roman ist gewissermaßen eine belletristische Hommage an Thomas und erscheint wohl nicht ganz zufällig in seinem 750. Todesjahr. Allerdings wirkt er stellenweise wie unter Zeitdruck geschrieben, um pünktlich zum Jubiläum fertig zu werden. Manche Unklarheiten können auch Folge der wie gehabt holpernden Übersetzung sein, aber das allzu gehetzte Ende geht jedenfalls aufs Konto des Autors.
Bernard Gui (1261/62-1331), Inquisitor und Thomas-Biograph, ist natürlich derselbe, der in Umberto Ecos Der Name der Rose (spielt 1327) auftritt; für seinen Roman musste der Autor sich die Freiheit nehmen, ihn ein paar Jahre älter zu machen und aus Limoges in die Bretagne zu verpflanzen. Das kann man machen, allerdings fungiert Bernard hauptsächlich als Yves' Stichwortgeber.
Dialoglastiger Theologie-Krimi
Dieser (vorerst?) letzte Band ist, gerade im Vergleich mit den etwas überladenen Vorgängern, deutlich kompakter und eher dialoglastig. Es wird fast ausschließlich aus der Perspektive von Yves erzählt: Er besucht in und um Neapel Klöster und Burgen, befragt Zeugen und grübelt über die von Thomas behandelten Themen nach. Nachdenkliche Passagen über Religion gehörten schon immer zu den Chronik des Inquisitors-Romanen, diesmal nehmen theologisch-philosophische Probleme besonders viel Raum ein. Das wird nicht jeder interessant finden, aber wenn man sich darauf einlässt, gibt es einige Aha-Momente, und für die Psychologie der Charaktere sind die Diskussionen keineswegs nebensächlich. Wie zum Beispiel konnten Teufel und Dämonen, von Gott geschaffen und daher von Natur aus gut, böse werden? Weil sie Gutes wollten und es falsch interpretierten? Für einen Inquisitor, der selbst im Namen des Guten über Leichen geht, ein beunruhigender Gedanke.
Trotzdem ist der Roman in erster Linie natürlich eine Detektivgeschichte, und als solche funktioniert er ebenfalls gut. Es gibt unterschiedliche Arten, Spannung zu erzeugen, und dieser Autor führt jedesmal eine neue vor: Während im ersten Band fast bis zum Ende unklar bleibt, worum sich die Indiana-Jones-hafte Verfolgungsjagd dreht und im zweiten die Leser vom Prolog an mehr wissen als die Figuren, gibt es diesmal von Beginn an reichlich Spuren - aber welche davon ins Leere führen, bleibt erst herauszufinden.
Fazit
Das Einfühlungsvermögen des Autors in die mittelalterliche Denkweise hebt auch diesen Band über den Genre-Durchschnitt hinaus. Der Schluss schwächelt leicht, aber bis dahin hat man einen ebenso spannenden wie intellektuell anregenden Roman gelesen.
Luigi Panella, Goldmann
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