Arminius – Der blutige Verrat
- Rowohlt
- Erschienen: Juli 2022
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Der lange Plan einer Rache
Ravenna, 37 nach Christus. Vespasian und sein älterer Bruder Sabinus bekommen den Auftrag den verlorenen Adler der neuzehnten Legion aus Germanien wiederzubeschaffen. Sie reisen nach Germanien und treffen dort auf Thumelicus, den Sohn von Arminius und dessen Frau Thusnelda. Thumelicus hat seinen Vater nie kennen gelernt, ist aber bereit, den Römern bei ihrer Suche nach dem Adler zu helfen, wenn sich diese dafür endgültig aus Germanien zurückziehen.
Um Thumelicus’ Handeln genau zu verstehen, lädt er sie in sein Zelt sein, wo zwei seiner Sklaven den Römern die von Arminius selbst niedergeschriebene eigene Lebensgeschichte vorzulesen. So erfahren die Römer aus erster Hand von der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahr 9 nach Christus, als es Arminius gelang, die Truppen des Varus zu täuschen, die germanischen Völker zu einer großen Gruppe zusammenzuführen und die Siebzehnte, Achtzehnte und Neunzehnte Legion gleichzeitig blutig zu vernichten.
Die berühmte Geschichte der Varus-Schlacht
Robert Fabbri widmet sich in einem Seitenroman seiner Vespasian-Reihe der berühmten Varus-Schlacht, in der unter Arminius, auch bekannt als Hermann der Cherusker, die Truppen des Varus vernichtend geschlagen wurden. Diese Thematik ist bereits in vielen Romanen aufgegriffen worden, allerdings nicht aus der hier beschriebenen Perspektive.
Denn durch die verschiedenen Erzähler, die Fabbri hier anbringt, wechselt die Perspektive gelegentlich und es ergibt sich so ein interessantes Gesamtbild mit verschiedenen Blickwinkeln und daher auch Bewertungen. Neben der Sicht des Arminius ist dies die der Römischen Gäste, die einige Vorkommnisse ergänzen können, und auch die Sicht der beiden Adlerträger, die Thumelicus sich als Sklaven hält, vervollständigt die Geschehnisse in Germanien.
Neue Perspektiven
Für viele Leser neu wird auch sein, dass die Geschichte nicht mit dem Tod der Römer und dem Sieg des Arminius endet. Hier wird die Geschichte weiter erzählt, bis auch das Ende des Arminius vor dem Leser ausgebreitet wird, eine vergleichsweise unrühmliche Episode, aber wohl geschichtlich nachgewiesen. Robert Fabbri erweist sich dabei als Erzähler, der nie die Übersicht verliert und durch seine verschiedenen Perspektiven versucht, nicht zu werten, sondern dabei alle Sichtweisen verständlich und nachvollziehbar formuliert.
Von Anfang an ist der Autor bemüht, den Leser verstehen zu lassen, warum Arminius letztlich tat, was er tat. Mit seiner Übergabe im Knabenalter an die gehassten Römer, die die Cherusker, aus deren Stamm Arminius kommt, unterdrücken und ihnen eben das Römer-Sein aufzwingen, entwickelt Arminius einen Hass auf die Römer und tut, was bislang niemand getan hat: Mit Geduld die Römer mit ihren eigenen Waffen schlagen. Er erlernt ihre Traditionen und militärischen Fähigkeiten, lebt wie sie, denkt wie sie, arbeitet wie sie, bleibt aber im Herzen der Cherusker, der sich irgendwann einmal, wann auch immer, an ihnen rächen wird.
Ein schwacher Gegner
Ein Problem, das nur am Rande erwähnt wird, ist dabei sein Bruder, der ebenfalls mit ihm bei den Römern erzogen wurde, jedoch tatsächlich zu einem der ihren wurde und auf den Arminius nun nicht mehr zählen kann. Immer wieder gibt es Momente, wo die Brüder aneinander geraten, doch Arminius verliert sein Ziel nicht aus den Augen, auch wenn es Jahre, lange Jahre dauert, bis sich die Gelegenheit ergeben wird, sein Ziel in die Tat umzusetzen.
Die Momente der Erkenntnis, wie er sie nach und nach schlagen kann, sind ein wenig plakativ und für jeden überdeutlich zu erkennen. Wenn er dann zurück in Germanien ist und im Auftrag von Varus, der in seinen Augen schwach ist, die Gegend erkundet, nutzt er dies, um die germanischen Stämme um sich zu scharen, die, mit der gebotenen Skepsis, sich ihm mehr oder weniger anschließen, sich ihm aber nicht als Anführer unterwerfen. Ein Problem, das letztlich noch weiter bestehen wird. Hier hätte noch ein stärkerer Fokus liegen können, was denn nach dem Sieg gegen Varus alles passiert ist, aber möglicherweise geben dazu die Quellen nicht genug Anhaltspunkte her.
Blutige Schlachten
Fabbri nutzt seine Stärken, die im Erklären und im Beschreiben von Schlachten und Taktiken liegen, und erzählt so durch mehrere Perspektiven die Lebensgeschichte von Arminius. Dass dieser Band in der Vespasian-Reihe der wohl schwächste ist, zumal er ja eine ganz andere Geschichte erzählt, liegt mit daran, dass ihm auch durch die verschiedenen Perspektiven, die Stringenz fehlt und man nicht weiß, ob denn der Held auch wirklich der Held ist. Er ist zum Teil nicht akzeptiert, wenngleich er die Idee zum Aufstand hatte, doch gerade das macht ihn in den Augen der anderen Stämme nicht gerade zum Helden, sondern zum Gegner, um den man sich später kümmern wird.
Die Bezeichnung als „Vespasian Band 10“ tut der Geschichte nicht wirklich gut, sie hätte mehr Tiefe vertragen und wäre mit einer längeren Erzählung wohl besser dran gewesen, vor allem ohne den Rahmen mit Vespasian, der ja sowieso fiktiv ist. Eine Losbindung hätte einer eigenständigen Geschichte bestimmt gut getan, vielleicht als Zwei- oder Dreibänder. So wird ein Zusammenhang hergestellt und immer wieder herbemüht, wo eigentlich keiner ist, was der Geschichte nicht immer guttut.
Fazit
Obwohl der Roman spannend ist und neue Perspektiven auf die berühmte Varus-Schlacht aufzeigt, bleibt die Erzählung doch hinter ihren Möglichkeiten. Das, was sie richtig macht, nämlich die Erzählung aus mehreren Perspektiven wegen der Vollständigkeit und des Füllens von Lücken, ist gleichzeitig auch das Problem des Romans. Es fehlt die erzählerische Linie, die den Roman wie aus einem Guss erscheinen lässt. Der Roman kann auch ohne die Vespasian-Reihe gelesen werden, diese Reihe kann aber auch ohne „Arminius“ gelesen werden. Hier wäre mehr möglich gewesen.
Robert Fabbri, Rowohlt
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