Schatten im Silsersee
- Emons
- Erschienen: April 2022
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Mehr Lebensgeschichte als Mordfall
Mit dem Umzug nach Maloja erhofft sich der Maler Giovanni Segantini eine inspirierende Umgebung für sein Schaffen. Die Familie wird im Dorf aber nicht mit offenen Armen empfangen. Ihnen begegnet zunächst nur Zurückhaltung und Misstrauen. Als der Nachbar, der einzige unmittelbare Kontakt, ermordet aufgefunden wird, verschlechtert sich die Lage deutlich.
Leidenschaftliches Suchen
Eigentlich möchte Giovanni Segantini seiner Familie ein friedliches und angenehmes Zuhause bieten. Als Künstler sind die Einnahmequellen leider nicht planbar und Segantini ist vom Wohlwollen seiner Agenten abhängig. Sein grösster Wunsch, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden, ist noch nicht in Erfüllung gegangen. Finanzielle Unsicherheiten und die fehlende Anerkennung machen ihm zu schaffen, machen ihn reizbar. Und sein künstlerisches Schaffen leidet. Auf der Suche nach passenden Lichtverhältnissen und Motiven besteigt er tagelang die Berge, verliert sich in seiner Zerrissenheit. Der Mord am Nachbarn bringt das Fass zum Überlaufen.
Ein unkonventioneller Lebensstil
Christine Neumeyer überlässt in ihrem historischen Kriminalroman Giovanni Segantini die Hauptrolle. Sie beschreibt das komplizierte Leben des eigenwilligen Malers. Seine Kindheit verlief ungewöhnlich. In Österreich geboren, wurde er bereits als kleiner Junge von seinem alkoholkranken Vater zu seiner Halbschwester nach Mailand geschickt. Sie war es denn auch, die seine österreichische Staatsbürgerschaft annullieren ließ.
An seinem unkonventionellen Lebensstil stoßen sich viele Menschen. Im Jahr 1894 ohne Trauschein mit seiner Partnerin zusammenzuleben und vier Kinder großzuziehen, ist mehr als außergewöhnlich. Doch die fehlende Staatsbürgerschaft verhindert eine Heirat mit seiner großen Liebe Luigia Bugatti.
Abwechslungsreich und mit viel Kunstverständnis erzählt die Autorin von Giovanni Segantini. Sie beginnt mit seiner Abreise aus Savognin und seiner Ankunft in Maloja, im schweizerischen Hochalpental Engadin im Jahr 1894. Gerade die künstlerischen Aspekte weiß sie gekonnt aufzuzeigen. Sehr real vermittelt sie die Lebensweise der Dorfbewohner, das städtische Leben in Mailand und die herrschenden gesellschaftlichen Konventionen. Gleichzeitig spürt man die Verzweiflung des Künstlers. Kann seine Leidenschaft bei der Suche nach dem richtigen Licht für seine Bilder nachvollziehen. Dieser Begeisterung widmet Christine Neumeyer viel Platz. Der Mord am Nachbarn und seine Aufklärung spielen eine beiläufige Rolle. Ganz eindeutig steht das Leben der Familie Segantini-Bugatti im Zentrum.
Fazit
Der Roman ermöglicht einen schönen Einblick in das Leben von Giovanni Segantini und seiner Familie. Entstanden ist eine Momentaufnahme und gleichzeitig eine Würdigung des ein wenig in Vergessenheit geratenen Hochgebirgslandschaftsmalers. Dass dabei der Mordfall, der ja nur fiktiv ist, sehr wenig Raum beansprucht, ist eher nebensächlich.
Christine Neumeyer, Emons
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