Die venezianische Verschwörung
- Goldmann
- Erschienen: Januar 2024
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Ein Gemälde Venedigs als Mordzeuge.
Antonio Canal, Venedigs berühmter Maler und unter dem Namen Canaletto weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, bekommt im Winter 1725 überraschenden Besuch. Er soll zum Polizeichef von Venedig und zum Inquisitor kommen, denn auf seinem letzten Bild hat er die Wasserstraße Rio dei Mendicanti gemalt, und genau an dieser Stelle wurde gerade die Leiche einer ermordeten jungen Frau gefunden, der das Herz auf brutalste Weise herausgerissen wurde. Natürlich macht das Canaletto nicht generell verdächtig, aber die Obrigkeit wundert sich schon über diesen Zufall.
Direkt danach wird Canaletto zum Dogen bestellt, der eine geheimnisvolle Dame zu Gast hat, die ihren Ehemann auf demselben Bild erkannt haben will und sich nun fragt, was er an dieser Stelle Venedigs zu suchen hat. Canaletto bekommt den Auftrag, das herauszufinden und macht sich, unerfahren wie er als Ermittler ist, auf den Weg, das Rätsel zu lösen. Dabei hilft ihm sein irischer Freund Owen McSwiney, der sich in der faszinierenden Welt der Masken Venedigs auskennt und mit dem er gefährliche Dinge herausfindet, die noch so manchen anderen Venezianern ihre Leben kosten können…
Der Krimi startet mit einem Gemälde
Der italienische Autor Matteo Strukul, der sein Wissen über italienische Geschichte bereits in mehrere Romanen, beispielweise über die Medici, bewiesen hat, hat mit „Die Venezianische Verschwörung“ einen historischen Krimi geschrieben, bei dem, wie es derzeit gerne beliebt ist, eine bekannte Persönlichkeit als Ermittler fungiert. Seine Wahl fiel auf den italienische Maler Antonio Canal, genannt Canaletto, nicht zu verwechseln mit dessen Neffen Bernardo Bellotto, der auch unter dem Namen Canaletto als Maler tätig war, 1725 aber erst drei oder vier Jahre alt war und daher als Ermittler nicht infrage kommt.
Dabei kommt Canaletto zu seiner Tätigkeit als Ermittler wie die Jungfrau zum Kind, denn auf seinem neusten Bild über einen Kanal in verruchter Gegend sieht man einen Herrn, von dem sich dessen Ehefrau fragt, warum er auf diesem Bild an dieser Stelle auftaucht, und zudem ist genau an dieser Stelle tags zuvor eine grausam entstellt Frauenleiche gefunden worden. Um nicht in den Verdacht der Täterschaft oder zumindest Mittäterschaft zu geraten, wird Canaletto nahegelegt, sich an der Findung der Wahrheit zu beteiligen.
Einführung in gewisse Kreise
Obwohl der Einstieg in den Fall zunächst etwas an den Haaren herbeigezogen wirkt, ist er dennoch originell und außergewöhnlich und lässt daher den Leser neugierig weiterlesen. Natürlich wäre es schöner gewesen, irgendwo im Buch eine Abbildung des Bildes zu finden, dies ist jedoch nicht der Fall, und so muss man sich leider selbst im Internet informieren, wenn man gerade nicht die Zeit hat, sich das Bild im Original im Museum Ca’Rezzonico in Venedig persönlich anzuschauen. Und wie das Bild, schafft es auch der Autor Strukul, den Leser in die Zeit und die Lokalität Venedigs während der Aufklärung einzutauchen zu lassen und eine gediegene Atmosphäre zu schaffen.
Bislang hat Canaletto mehr vor sich hin gemalt und hat nicht an den Feierlichkeiten oder Festivitäten der Stadt teilgenommen, wenngleich seine Bilder ihm eine gewisse Bekanntheit, wenn nicht gar Berühmtheit verschafft haben. Er ist aber auch erst Ende zwanzig und wurde nicht in gewisse Gesellschaften und deren Gepflogenheiten eingeführt, und dies wird nun nachgeholt mithilfe seines langjährigen irischen Freundes Owen McSwiney, der Zugang zu ebendiesen Kreisen hat. McSwiney ist ein sympathischer Herr, der Canaletto hilft wo er kann, und das tut er auch mehrere Male im Roman.
Gefahr für die Serenissima
McSwiney macht Canaletto mit Menschen bekannt, die hinter den bekannten Mauern der Paläste agieren und Canaletto muss bei seinen Nachforschungen aufpassen, nicht selber Ziel von Anschlägen zu werden. Er dringt dabei in die Niederungen der venezianischen Gesellschaft vor, in der sich Geheimbünde die Hände geben, die Republik Venedig und den Dogen bedrohen und deren Einflüsse bis in die oberen Gesellschaftsschichten gehen. Und als wäre das nicht genug, freundet er sich mit der Tochter eines seiner Auftraggeber an, die als eine der wenigen weiblichen Glasbläserinnen in Murano tätig ist und seine Aufmerksamkeit erregt. Erst spät merkt er, dass auch sie als potenzielles Opfer des Frauenmörders infrage kommen könnte.
Matteo Strukul schafft es, durch den Blick auf mehrere Personen in verschiedenen Bereichen, auch einen weitsichtigen Blick auf Venedig an sich zu werfen und vermittelt so dem geneigten Leser eine passende Atmosphäre, in dem sich gut Verbrechen verüben und aufklären lassen. Eine Karte Venedigs wäre schön gewesen, um die Wege in der Stadt nachvollziehen zu können, vor allem wenn es auf die Inseln Murano oder die Friedhofsinsel San Michele geht. Aber auch so bleibt der Roman ein spannender Einblick in die Serenissima mit all ihren politischen und gesellschaftlichen Facetten. Ergänzt wird der flüssig zu lesende Roman zwar leider nicht durch Gemälde und Stadtplan, aber durch Nachwort, Bibliografie und Glossar, was immer noch mehr ist als viele andere Romane vorweisen können.
Und obwohl das Ende ein richtiges Ende ist, wird eine mögliche Fortsetzung angedeutet. Und tatsächlich erscheinen noch Ende diesen Jahres zwei weitere Teile mit Canaletto als Ermittler im italienischen Original. Bleibt zu hoffen, dass sie dann auch zeitnah auf Deutsch erscheinen.
Fazit
„Die venezianische Verschwörung“ von Matteo Strukul ist ein spannender Venedig-Krimi mit dem Maler Canaletto als unfreiwilligem Ermittler, der in die Niederungen der venezianischen Gesellschaft vordringt, die gar nicht so niedrig sind wie angenommen. Strukul entführt den Leser auf eine aufregende Jagd durch Venedig und man darf gespannt sein, wie es mit Canaletto weitergeht, in der Hoffnung, dass der Goldmann Verlag auch diese herausbringen wird.
Matteo Strukul, Goldmann
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