Die Korrektur der Vergangenheit
- Paul Zsolnay
- Erschienen: Februar 2023
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Einfühlsamer und leicht philosophischer Erzählstil
John Lacroix kehrt mehr Tod als lebendig von einem Feldzug im Jahre 1809 nach England zurück. Während seiner Zeit im Krieg meint er, er habe das Schlimmste gesehen und erlebt, was Menschen ertragen können. Der Feldzug von La Coruña während der napoleonischen Kriege begleitet ihn noch sehr lange. Körperlich erholt sich John, doch seinen Seelenfrieden kann er so schnell nicht wieder finden. Er beschließt, sich auf den Weg nach Schottland zu machen. Auf den abgelegenen Inseln der Hebriden hofft er auf Frieden für seine Seele. Er ahnt nicht, dass er verfolgt wird und auch die Frau, die in sein Leben tritt, somit in Gefahr gerät.
Frieden für die Seele
Der Autor Andrew Miller beginnt seine Geschichte nicht mit der üblichen Vorstellung der Protagonisten, sondern eher ungewöhnlich damit, dass ein offenbar verletzter Mann seine Heimreise antritt. Er wird von einer Kutsche transportiert und in seinem Heim von einer Hausangestellten in Empfang genommen. Zunächst scheint es fast so, als wäre die Hausangestellte die Person, um die es hier gehen könnte. Doch dieser Eindruck wirkt nur kurz. John beschließt für sich, dass er um zu genesen, sein Heim noch einmal verlassen muss. Er begibt sich auf die Reise in die Einsamkeit Schottlands. Erst jetzt lernt man den Charakter John Lacroix etwas näher kennen. Körperlich scheint er zwar wieder hergestellt zu sein, aber seine Seele braucht noch etwas länger. Die Reise und das Finden einer passenden Insel für John ist Teil der Handlung und zeigt auch, wie hilflos der Protagonist teilweise noch ist. Obwohl er als Offizier in der Armee gewesen ist und auch kein armer Mann ist, ist er jetzt auf die Hilfe anderer angewiesen. Die Art, wie Andrew Miller davon erzählt, ist einfühlsam und ausgeprägt. Seine Zeilen lassen sich zwar leicht lesen und sind aber gleichzeitig von einer anmutigen Schönheit begleitet. Die Beschreibungen der Landschaft und das Gefühlsleben der Charaktere fließen wie die Wellen am Strand auf und ab und erlauben ein Versinken in den Worten des Autors.
Die Verfolger
Ein zweiter Handlungsstrang schildert die Ereignisse rund um die Verfolger von John. Zwei Männer wurden ausgeschickt, um den Offizier John Lacroix zur Rechenschaft zu ziehen. Coporal Calley und sein spanischer Begleiter Medina folgen ihm scheinbar unaufhörlich. Liest man ihren Handlungsstrang, stellt sich immer wieder die Frage, warum soll der Engländer zur Rechenschaft gezogen werden, warum und wofür? Es dreht sich zwar alles um diese Frage, aber vordergründig ist sie trotzdem nicht. Calley und Medina haben sich für diese Reise zusammen gefunden und so erfährt man nun, wie sie ihre Suche erleben und was sie umtreibt. Sind sie dabei sympathisch? Manchmal ja und dann auch wieder nicht. Die Gründe für ihre Jagd nach Lacroix erschließen sich nach und nach.
Fazit
Dieser Roman ist nicht unbedingt eine einfache Lektüre, dafür belohnt Andrew Miller seine Leser/innen mit einem einfühlsamen und leicht philosophischen Erzählstil. Er lässt die eigenen Gedanken der Lesenden zu und stellt die Frage in den Raum, was wäre, könnte man die Vergangenheit korrigieren. Die Antwort darauf darf jeder für sich selbst herausfinden.
Andrew Miller, Paul Zsolnay
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