Die Tote aus der Emscher

  • Emons
  • Erschienen: Oktober 2023
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Carsten Jaehner
921001

Histo-Couch Rezension vonDez 2023

Mord im Jahr ohne Sommer.

September 1816. Am Ufer der Emscher, in der Nähe des neuen Schlosses Oberhausen, wird eine tote Frau gefunden. Untersuchungsrichter Anton Demuth macht sich auf den Weg, um den Tod der Frau zu untersuchen und quartiert sich für ein paar Tage in der nahegelegenen Poststation ein. Gemeinsam mit dem ortskundigen Gendarm Schmitting macht er sich daran, die Leiche zu besichtigen und nimmt die ersten Spuren auf. Bei der Toten handelt es sich um Anna Hasenleder, um die fünfzig Jahre alt, alleinstehend und mit Schlag auf den Hinterkopf bäuchlings am Emscherufer aufgefunden.

Schnell sind die ersten Nachbarn befragt und ein paar Verdächtige ins Notizbuch notiert. Die einen mochten die Anna, sie war stets freundlich und nett, die anderen hassten sie, denn sie sei ein Kräuterweib gewesen, eine Hexe, die an so manchem Unglück in der Liegenschaft Schuld haben soll. Demuth muss sich nicht nur auf die Suche nach dem Täter oder der Täterin machen, sondern muss auch gegen Hass und Aberglauben ankämpfen. Und das zu einer Zeit, da die Sonne sich schon lange nicht mehr über dem Ruhrgebiet hat blicken lassen, das dauerhaft schlechte Wetter die Ernte vernichtet und alle Preise hat steigen lassen. Nach Reden einiger soll auch hieran die Anna schuld gewesen sein. Der Fall verspricht, ein hartes Stück Arbeit zu werden.

Kampf gegen Aberglauben und schlechtes Wetter

Der gebürtige Oberhausener Peter Kersken hat schon einige Ruhrgebiets-Krimis veröffentlich, die alle in der Sterkrader Gegend spielen. Hier kennt sich der Autor aus, und daher wählt er auch immer wieder Plätze seiner Heimat für seine historischen Kriminalromane aus. Dadurch geraten seine Geschichten sehr realistisch und nah am Volk und sind damit historisch gut eingebettet.

Der aus Werden stammende Untersuchungsrichter Anton Demuth wird zu einem Todesfall gerufen, der sich schnell als Mordfall herausstellt. Zwar haben einige Bewohner die tote Frau bereits in ihrem Haus aufgebettet und somit den Ort des Fundes und die Position des Opfers zunichte gemacht, aber diese heute selbstverständlichen Regelungen gab es noch nicht, und daher regt sich auch niemand darüber auf.

Historisch hervorragendes Ambiente

Demuth quartiert sich in der Poststation der Familie Krumpe ein, wo zu dieser Zeit nicht so viel los ist wie sonst. Das hat auch mit der Situation des Ruhrgebiets im Jahr 1816 zu tun, als die Sonne sich seit Monaten nicht hat blicken lassen, die Ernte hinüber ist, die Menschen Trübsal blasen und verarmen und auch Angst vor der Zukunft haben. Sie nannten es das „Jahr ohne Sommer“. Als dann die alte Anna Hasenleder tot aufgefunden wird, trauern manche Anwohner ihr nicht hinterher, im Gegenteil, sie haben sie für eine Hexe gehalten, die nur Unglück bringt. Gerade die Nachbarin Kleinrogge lässt kein gutes Wort an der Toten. Neben einigen weiteren Nachbarn ist auch Augustin Sumser verdächtig, ein Gast aus Bayern in der Poststation, der kleine mechanische Spieluhren verkauft, aber Demuth traut ihm nicht über den Weg.

Ein paar hundert Meter weiter wird gerade das neue Schloss Oberhausen gebaut, und der Bauherr, Maximilian Friedrich Graf von Westerholt-Gysenberg, ist vielleicht auch irgendwie in das Schicksal der Toten verwickelt. Dass zudem gerade fahrende Puppenspieler vor Ort sind, die sowieso als fahrendes Volk generalverdächtig sind, bringt weitere Verdächtige auf den Plan. Doch sobald sich ein Verdachtsmoment erhärtet, fällt er auch schon wieder in sich zusammen.

Ruhige Ermittlungen

Die Stärke der Erzählung liegt vor allem in ihrer Ruhe, denn aktionsgeladen ist der Roman nicht. Demuth geht seine Nachforschungen hauptsächlich in Gesprächen an und lernt dabei einiges über Land und Leute, Sitten und Gebräuche kennen. Er hört die Sorgen der Menschen, die unter dem monatelangen Regen leiden, eine Hungersnot durchmachen und nicht mehr aus noch ein wissen. Kersken kennt sich aus und beschreibt die Situation vor Ort, als wäre man selbst da, würde durch den Matsch laufen und käme abends völlig durchnässt in die Unterkunft. Kersken erweist sich als Erzähler und Chronist seiner Heimat, und das macht ihm in der Intensität so schnell keiner nach.

Dass am Ende der Fall geklärt wird, versteht sich von selbst, und da Demuth in seiner alten Heimat auch einige alte Bekannte von früher wiedergetroffen hat, ist vielleicht auch ein weiterer Fall möglich. Die gut 300 Seiten aus dem Hause Emons vergehen wie im Fluge, und den geneigten Lesern sei vor allem auch das ausführliche Nachwort ans Herz gelegt, denn hier erklärt Kersken, wieviel von der Geschichte und den Personen tatsächlich real sind bzw. waren, und das ist viel mehr als man denkt und macht den Roman noch beeindruckender.

Fazit

„Die Tote aus der Emscher“ ist ein ruhiger, aber intensiver historischer Kriminalroman vor realer Kulisse. Das Ruhrgebiet und hier die Gegend um Sterkrade sind genauso Hauptfigur wie der Ermittler Demuth, der in seiner ruhigen und überlegten Art ein Sympathieträger ist, der gerne noch weiter ermitteln darf. Nicht nur für Ruhrgebietler lesenswert.

Die Tote aus der Emscher

Peter Kersken, Emons

Die Tote aus der Emscher

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