Die Muse des Teufelsgeigers
- Aufbau Taschenbuch
- Erschienen: Oktober 2024
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Der Mensch im Teufelsgeiger.
Ganz Wien ist im Paganini-Fieber! Man schreibt das Jahr 1828, der berühmte Virtuose hat sich zu mehreren Konzerten angekündigt und wird auch in der Stadt gemeinsam mit seiner Frau und seinem dreijährigen Sohn Achille logieren. Die Geigenbauer-Familie von Sawicki hat leider zu viel zu tun und kann sich keine Billetts leisten, da Paul von Sawicki dem Alkohol verfallen ist und seine Frau Sophie des nachts seine Aufträge erledigt.
Da klopft es eines Tages an der Tür und tatsächlich steht Paganini selbst vor der Tür und erteilt nach genauem Beschauen der Werkstatt den Auftrag, seine Geige zu reparieren, das aber bis zum Konzert am nächsten Tag und gegen eine hohe Entlohnung. Sophie und Paganini spüren sofort eine Art Verbindung zwischen sich, und wegen ihrer Geldnot nimmt sie den Auftrag an.
Nach dem erfolgreichen ersten Konzert, bei dem auch Sophie und ihre zwölfjährigen Zwillinge Katerina und Kristian in der ersten Reihe saßen, erteilt Paganini ihr den Auftrag, eine Kopie seiner Geige, einer Guarneri del Gesù, anzufertigen. Sophie hat bislang nur an Stradivaris gearbeitet, nimmt den Auftrag aber an, zumal ihr Ehemann nach einer Randaliererei im Wiener Narrenturm gelandet ist, man sich in Wien bereits die Mäuler über ihre Familie zerreißt und sie kein Geld mehr hat. Paganini kommt zu regelmäßigen Treffen, um sich über den Stand der Dinge zu informieren, und beide erkennen in ihren unglücklichen Ehen, dass sie einen anderen Seelenverwandten haben. Und dann ist da noch Paul von Sawickis Zwillingsbruder Peter, der auch Geigenbauer ist, aber nicht so erfolgreich wie sein Bruder, und der auch den lukrativen Auftrag des Nachbaus von Paganinis Geige haben möchte…
Ein ungewöhnliches Wiener Familienleben
Sina Beerwald hat mit „Die Muse des Teufelsgeigers“ einen bewegenden Roman über den berühmten Geiger Niccolò Paganini und seine vermeintliche Geliebte Sophie von Sawicki geschrieben, der Paganinis Aufenthalt in Wien im Jahr 1828 beschreibt, mit ein paar kleinen zusätzlichen Szenen, die später spielen. Sophie ist eine fiktive Person, der Name Sawicki ist jedoch tatsächlich real, es gab einen Geigenbauer Sawicki, der tatsächlich Paganinis Geige repariert hat, doch die Autorin versteht es, Wahrheit und Fiktion zu einer stimmigen Geschichte zu verweben, die neben der zarten Liebesgeschichte auch noch weitere Aspekte für den Leser bereithält.
Sophie von Sawicki ist eine junge Mutter von zwei aufgeweckten Zwillingen, die alle Hände voll damit zu tun hat, ihre Familie zusammenzuhalten, die Geigenwerkstatt am Leben zu halten und ihren Mann auszuhalten, im wahrsten Sinne des Wortes. Ihr Mann Paul, der eigentliche Geigenbauer, ist dem Alkohol verfallen und längst nicht mehr in der Lage, seinen Beruf auszuüben, glücklicherweise hat er beizeiten seiner Frau das Handwerk beigebracht, sodass sie nun die Werkstatt betreibt, ohne dass es von außen jemand weiß, auch Pauls Zwillingsbruder Peter und dessen Frau Florentine nicht. Sophie hat somit ein ordentliches Päckchen zu tragen, die so in Paganini einen Seelenverwandten sieht, der es umgedreht mit seiner Frau nicht einfach hat, einer Sängerin, die nur an Geld interessiert ist und sonst nichts. Hier scheinen sich zwei Menschen zu finden, die sich nicht finden dürften und doch haben sie vom ersten Moment an ein Band zwischen sich gespürt, da Paganini sofort seine geliebte Geige zur Reparatur bei Sophie lässt.
Paganini und seine Musik
Das Handwerk des Geigenbauers wird in vielen Schritten anschaulich geschildert, so dass man als Leser hautnah dabei ist und einen gehörigen Respekt vor diesem komplizierten Beruf bekommt. Die Autorin schafft es auch, die Faszination gegenüber Paganini einzufangen, dem vermeintlichen Teufelsgeiger, den jeder abstoßend und faszinierend zugleich findet, und da das ja nicht mit rechten Dingen zugehen kann, muss er ja mit dem Teufel im Bunde stehen. Seine schlanke Gestalt, sein viel zu lang getragener Frack, sein blasses Wesen lassen jeden, der ihn erblickt, die Straßenseite wechseln. Nur Sophie blickt sofort hinter die Teufelsfassade, über die und deren Gerüchte Paganini selbst nur lächeln kann. Auch sein Geigenspiel wird treffend geschildert, im beschriebenen Konzert meint man, im Publikum zu sitzen. Auch ihre Kommentare tun ihr Übriges, so dass man denkt, man wäre gerne dabei gewesen.
Die Autorin beschreibt die Beziehung zwischen den beiden, die es eigentlich gar nicht gibt, voller Wärme, dabei aber ohne Schmalz und Kitsch, so dass man ergriffen ist von der Gesamtsituation, in die Sophie da hineingerät. Und immer, wenn man denkt, jetzt wird es besser, kommt wieder etwas Neues.
Doch die Autorin hat auch gut recherchiert und dies auch in einem 18 Seiten langen interessanten Nachwort dokumentiert. Dies sollte man nach der Lektüre auf jeden Fall lesen, werden hier doch einige Ereignisse aus dem Buch erwähnt und eingeordnet. Allein die Odyssee um den Leichnam Paganinis wäre einen eigenen Roman wert. Der Roman an sich ist keine reine Liebesgeschichte, sondern ein Roman mit romantischen Anklängen, ein Roman über Musik, über Geigen, über Wien und die Wiener - und das alles dazu noch mit einem leichten kriminalen Aspekt. Somit ist für jedes Leserherz etwas dabei.
Fazit
„Die Muse des Teufelsgeigers“ ist ein rundum gelungener Roman über den berühmten Geiger Niccolò Paganini und seine vermeintliche Muse. Hier lernt man viel über den Beruf des Geigenbauers, über das Wien zu Beginn des 19. Jahrhunderts (wo Kinder ihre Eltern noch „siezten“) und über den Lebensweg des berühmtesten aller Geigenvirtuosen, der mit dem Teufel rein gar nichts zu tun hatte. Empfehlenswert.
Sina Beerwald, Aufbau Taschenbuch
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