Grausame Morde in einer Stadt zwischen Tradition und Fortschritt.
Melchior Günderoth ist ein wohlhabender Geschäftsmann und Mitglied des Frankfurter Rates, der im Jahr 1800 Gesetzte und die Verwaltung der Stadt regelt. Eines Tages wird er ermordet aufgefunden. Während der zuständige Kriminalrat Pfeiffer schnell einen Verdächtigen ausgemacht haben will, befürchten Manon - Tochter des Rechtsmediziners Theophil Pontus - und Johann, Redakteur für den Frankfurter Korrespondenten, eher die neuerlichen Taten eines berüchtigten Mörders.
Auf Spurensuche im jüdischen und christlichen Frankfurt
Der wegen seine seltsamen Äußeren als „Der Aal“ bezeichnete Serientäter wurde aber bereits vor Jahren und zudem vor den Augen von Johan hingerichtet. Die grausame Tat jedoch setzt nun einige Ereignisse in Gang und fällt in den verschiedenen gesellschaftlichen Schichten auf unterschiedlichen Nährboden - von sorgenvollem Aberglauben bis zum gefundenen Fressen für die Presse, die dafür bereit ist die Realität mehr als zu verbiegen. Und es soll nicht der einzige Mord bleiben.
Nora Kain ist das Pseudonym einer deutschen Schriftstellerin. Als studierte Historikerin und Tourguide am Historischen Museum Frankfurt dürfen wir viel Hintergrundwissen erwarten. Und so wundert es nicht, dass sie gleich auf den ersten Seiten mit fein verflochtenen Details eine authentische Atmosphäre entfaltet und uns in das Frankfurt des Jahres 1800 entführt. Gesellschaftliche Strukturen, Besonderheiten des Rechtssystems, die medizinische Versorgung - wir erfahren viel über die damaligen Zustände. Doch insbesondere die ungleichen Verhältnisse für Juden und Christen bilden einen sehr eindrucksvollen und bedeutenden Rahmen. In der Leiche von Günderoth findet man die Spitze von einem Jad, dem Zeigestab der Juden, der von diesen bei der Lektüre der Thora Verwendung findet. Das verschärft die vorherrschenden Spannungen zwischen Christen und den durch allerlei Verbote und Restriktionen belegten Juden.
Den Ereignissen in Frankfurt verleiht Nora Kain mit sich weiter zuspitzenden Konflikten immer mehr Dichte und Komplexität. Mit guter Balance aus Fakten und Fiktion werden die Gegensätzlichkeiten, Sitten und Gebräuche der Menschen lebendig. Nach und nach gestaltet sich das Figurengeflecht enger, wobei Manon und Johan die meisten Konturen erhalten. Die noch junge Manon eckt immer wieder mit ihrer vorlauten, selbstbewussten Art und der besonderen Faszination für die Arbeit ihres Vaters an. Während es hartgesottene Bürger ekelt, erfreut sich Manon an Leichengerüchen und äußerst unappetitlichen Details an Tatorten. Dass sie sich zudem weigert, den gesellschaftlichen Regeln unterzuordnen, stößt nicht nur bei ihrer Schwester auf Verärgerung. Gerade Manon aber würzt die Geschichte in den abwechslungsreichen Dialogen immer wieder mit einer guten Prise Humor. Johann hingegen hadert mit seiner familiären Herkunft und der Sensationslust seines Vorgesetzten. Beide versuchen Licht in das Dunkel um die Morde zu bringen, anfangs noch auf getrennten Wegen, die sie aber schon bald auch immer häufiger zusammenführen.
Fazit
Die Mörderjagd in Frankfurt ist spannende Krimi-Unterhaltung, die nicht nur mit Details aus den Anfängen der Rechtsmedizin punktet, sondern eine Stadt zwischen Tradition und Fortschritt mit vielen stimmungsvollen Details lebendig werden lässt.
Nora Kain, dtv
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