Das Geheimnis der Sofonisba
- Ehrenwirth
- Erschienen: Januar 2007
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- Ehrenwirth, 2007, Titel: 'El Secreto de Sofonisba', Originalausgabe
Die erste bedeutende Malerin und ein Papst in Bedrängnis
1624. Der Maler Anthonis van Dyck besucht die alte und fast blinde Künstlerin Sofonisba in Palermo. Sofonisba erzählt ihm ihre Lebensgeschichte, von ihren Anfängen als Malerin, über ihre Erfahrungen am Hof des spanischen Königs Philipp II. Während seines Aufenthaltes entwickelt sich zwischen beiden eine tiefe Zuneigung.
1564. In einer weiteren Geschichte hat der Großinquisitor Fernando de Valdés den Erzbischof von Toledo, Kardinal Carranza, einkerkern lassen. Carranza hat angeblich eine ketzerische Schrift veröffentlicht und verfügt über ein beachtliches Vermögen. Papst Pius IV. beauftragt seinen Berater, Kardinal Mezzoferro, in geheimer Mission an den Hof Philipps zu reisen. Mezzoferro darf auf keinen Fall mit der Inquisition zusammentreffen, soll aber von Carranza in Erfahrung bringen, ob dessen Geheimnis, das er mit dem Papst teilt, sicher ist.
Sofonisba, die zur gleichen Zeit Hofdame der Königin Isabel de Valois ist, wird ohne ihr Wissen zur Agentin in dieser heiklen Angelegenheit. In einem Selbstbildnis, das der Papst bei ihr in Auftrag gegeben hat, werden geheime Dokumente versteckt.
Historischer Bezugsrahmen
Sofonisba Anguissola, die Hauptfigur in Lorenzo de'Medicis Roman "Das Geheimnis der Malerin", ist eine historische Figur, geboren 1532 (umstritten), gestorben 1625. Mit 27 Jahren wurde sie auf Empfehlung des Herzogs von Alba an den spanischen Hof eingeladen, um Elisabeth von Valois zu unterrichten und die Königsfamilie zu malen. Im Jahr 1624 besuchte sie der Maler Anthonis van Dyck in Sizilien. Diese historischen Daten bilden den Bezugsrahmen für den Roman. Die Gespräche zwischen beiden und die 1564 spielende Handlung entstammen der Phantasie des Verfassers.
Menschen zur Zeit der Inquisition
Eine Bedienstete begeht einen Diebstahl und wird ermordet; Vertreter des Klerus teilen ein Geheimnis, das sie vor der Inquisition zu verbergen suchen; der Papst ist in Sorge wegen eines Dokuments; mit der Hilfe eines Gemäldes sollen Geheiminformationen übermittelt werden. Die Inquisition scheint allgegenwärtig, physisch wie in den Köpfen der Menschen, deren Leben durch den institutionalisierten Terror bestimmt wird: als (mögliche) Opfer und als Täter. Aus persönlichen Motiven werden Menschen zu Informanten und Denunzianten.
Traditionelle Erwartungen könnten enttäuscht werden
Lorenzo de'Medici lässt die Erzählung, die durch dramatische Ereignisse bestimmt wird, auf seltsame Weise vor sich hin plätschern. Die Figuren erscheinen mehr als Schemen denn Menschen aus Fleisch und Blut. Traditionelle Leser historischer Romane werden vielleicht ihre Erwartungen an die Lebhaftigkeit der Erzählung enttäuscht sehen. Andere Leser werden die Figuren eher als Abstraktionen interpretieren, die dadurch aus der spezifischen erzählten Zeit herausgenommen und verallgemeinert werden. Man mag kritisieren, dass man nicht in das Geschehen hineingezogen wird. Aber de'Medicis Buch ist bestimmt durch einen sachlich-distanzierten und beschreibenden Erzählstil. Die Handlung wird auf beiden Zeitebenen linear erzählt. Das Textverständnis ist eindeutig. Verschlüsselungen in Dialogen sind entweder sofort einsichtig, oder sie werden einen Moment später in einer anderen Handlungssituation durch die Wiedergabe der Überlegungen einer Figur entschlüsselt.
Von der Autobahn über Nebenstrecken zu einem anderen Ziel
Am besten hat mir an Lorenzo de'Medicis Roman gefallen, wie er mitunter Kausalitäten strickt. Ein sehr gutes Beispiel ist der Diebstahl des Edelsteins aus der Schmuckbibel. Diese Tat setzt eine Ereigniskette in Gang, wie sie in vielen Romanen unweigerlich auf ein verhängnisvolles Ende hinausläuft. Ein Ende, das sich an mehreren Handlungspunkten andeutet. Hier jedoch bricht das Gefüge auf, weil das beschriebene Geflecht von Beziehungen und Handlungen im persönlichen oder bilateralen Bereich jeweils nicht erwartete Ergebnisse hervorbringt. Zu diesen Ergebnissen gehören im Rahmen der Handlungslogik auch zufällige Todesfälle, die aus ihrer Beiläufigkeit heraus dramatische Konsequenzen nach sich ziehen.
Lorenzo de' Medici, Ehrenwirth
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