Der Tote im Fleet

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 2000
  • 2
  • Rowohlt, 2000, Titel: 'Der Tote im Fleet', Originalausgabe
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Birgit Stöckel
821001

Histo-Couch Rezension vonAug 2007

Ein spannender und interessanter Histo-Krimi, der nicht nur Hamburgern gefällt

Hamburg 1847: Commissarius Hendrik Bischop wird eines Nachts zu einem Leichen-Fundort gerufen. Aus einem Fleet wurde ein Toter im Gehrock gezogen, der zwei Ziegelsteine in seinen Taschen hat. Der Commissarius nimmt die Ermittlungen auf und bald steht auch die Identität des Toten fest: Es ist ein Ziegelsteinfabrikant aus Husum, der offenbar für die Unterzeichnung eines großen Auftrags in der Stadt war. Auf der Suche nach dem Motiv gerät Hendrik Bischop immer tiefer in ein dicht gesponnenes Netz aus möglichen Intrigen, die bis in die höchsten Kreise der Stadt reichen und unter anderem Baugrundspekulationen und eine Neugestaltung des Stadtbildes betreffen...

Eine Vielzahl an Informationen und Personen - spannend und informativ verwoben

Boris Meyn selber bezeichnet seinen ersten historischen Roman als Gratwanderung zwischen historischer Realität und Fiktion. Nach der Lektüre dieses Buchs kann man dem Autor nur zustimmen, es ist eine Gratwanderung, die einerseits sehr gewagt, andererseits aber auch größtenteils sehr gelungen ist.
Gewagt deshalb, weil man deutlich merkt, dass Meyn Kunst- und Bauhistoriker ist und sein breites Wissen an die Leser weitergeben möchte, und das auf nur ca. 280 Seiten. Dadurch erhält der Leser eine Fülle an Informationen, die einen fordern, manchmal aber auch zu überfordern drohen. Es ist teilweise gar nicht so einfach, den vielen Ausführungen zu Baustielen und Stadtbild zu folgen, zumal einem auch eine Vielzahl an historischen Persönlichkeiten begegnet, die es gilt, auszeinanderzuhalten. Hamburger mögen sich dabei leichter tun, da einige sicher bekannt sind. Alle anderen werden immer wieder ein Personenverzeichnis schmerzlich vermissen, das die Übersicht deutlich erleichtert hätte.

Gelungen ist die Gratwanderung deshalb, weil man, wenn man sich auf die etwas eigenwillige Sprache Meyns und das Thema einlässt, mit einem faszinierenden und interessanten historischen Roman belohnt wird. Es geht um unterschiedliche Baustile und Baumaterialien zum Ausdruck unterschiedlicher Einstellungen: Rückkehr zu mittelalterlichem Baustil und enge Begrenzung auf das Stadtgebiet oder moderner Baustil und Öffnung der Stadttore, um weiteren Wohnraum erschließen zu können. Das sind die zwei Hauptströmungen, die aufeinander prallen. Zudem geht es um Baugrundspekulationen, die noch vor dem großen Brand getätigt wurden, sich jetzt aber auszuzahlen scheinen, um Konkurrenz und Rivalität zwischen führenden Architekten, um Ungereimtheiten beim großen Brand und dem immer stärker werdenden Wunsch der Bürger nach mehr politischer Mitbestimmung.
Das alles verwebt Boris Meyn gekonnt zu einem dichten Netz, das den Leser nach und nach gefangen nimmt und man, ebenso wie Commissarius Bischop, den eigentlich Kriminalfall teilweise fast vergisst. Auch wenn der Autor daraufhin weist, dass die ganzen Verwirrungen und Intrigen seiner Phantasie entsprungen sind, stellt er sie doch so überzeugend und folgerichtig dar, dass man sich als Leser desöfteren denkt: "So hätte es durchaus sein können".

Etwas holpriges Ende

Der eigentliche Kriminalfall, nämlich die Aufklärung des Mordes, gerät immer wieder über einige Strecken eher ins Hintertreffen. So ist dann auch die Aufklärung des Mordes als nicht ganz gelungen zu bezeichnen. Obwohl auch hier alles logisch erklärt wird, bleibt das Ende doch etwas enttäuschend und mit einem schalen Geschmack behaftet. Das ist sehr schade, denn so wird dem eigentlich spannenden und lesenswerten Buch ein unrundes Ende verpasst.

Lobend erwähnen muss man noch die Ausstattung. Neben einem passenden Cover enthält das Buch ein Vorwort des Autors, in dem er Informationen zu den politischen Verhältnissen Hamburgs gibt, welche den Einstieg in das Buch erleichtern. Zudem gibt es auch noch ein Nachwort, in dem noch weiterführende Informationen über die im Buch auftretenden historischen Persönlichkeiten gegeben werden. Als besonderer Pluspunkt sind allerdings die zeitgenössischen Fotographien zu erwähnen, die in dem Buch erhalten sind.

Alles in allem ist das Buch ein spannender und interessanter historischer Kriminalroman, der nicht nur für Hamburger interessant sein dürfte. Vorausgesetzt, man lässt sich als Leser auf die Fülle an Informationen und schenkt dem Roman die nötige Konzentration und Aufmerksamkeit.

 

Der Tote im Fleet

Boris Meyn, Rowohlt

Der Tote im Fleet

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