Die Offizin

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  • Erschienen: Januar 2005
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  • , 2005, Titel: 'Die Offizin', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonOkt 2007

Interessanter Einblick in die Anfänge des Buchdrucks

Im Jahr 1452 wird der junge Johannes Zainer ins Kloster Bebenhausen gegeben - gegen den Willen seines Vaters und aufgrund der deutlichen Fürsprache seiner Mutter. Dort wächst er mit dem Gefühl auf, nicht ins Kloster zu gehören und findet seine Passion in der Kunst des Buchdrucks.

Als er seine todkranke Mutter besuchen will, wird ihm dies verweigert. Er geht trotzdem und kehrt nicht mehr wieder. Zudem bekommt er ein Angebot, in Straßburg die Kunst des Buchdruckes besser zu erlernen, und so nutzt er eine Gelegenheit, um dort hinzukommen. In Straßburg lernt er bei Johannes Mentelin, und er lernt auch seine künftige Frau Susanne kennen. Nach langer Zeit findet er auch seinen Bruder Günther wieder, der allerdings ein zwielichtiger Geschäftsmann geworden ist und der überall verschuldet ist. Daher ist auch Johannes nicht gern gesehen.

Schließlich nutzt Johannes die Chance, mit seinem Bruder in Ulm eine eigene Druckerei zu eröffnen. Doch es zeigt sich, dass er auch seinem Bruder nicht immer über den Weg trauen kann.

Minutiöses und anstrengendes Druckergewerbe

Mit Die Offizin hat Wolfgang Trips einen interessanten Roman vorgelegt, der die Anfänge des Buchdrucks aufzeigt und so den Beginn einer Revolution für die Gesellschaft bedeutet. Anhand des Schicksals von Johannes Zainer, einen historisch belegten Drucker, werden nicht nur Traditionen und die Kunst des Buchdrucks aufgeschlüsselt, sondern auch ein intensiver Blick in das Denken der Zeit gewährt.

Trips schafft es, den Leser in diese aufregende Zeit zu entführen und beschreibt auch die Beweggründe, warum Johannes so agiert, wie er es tut. So bleibt sein Handeln stets nachvollziehbar. Auch wenn er dabei etwas sehr vertrauensselig ist und sich oft auf sein Glück und sein Können verlässt. Das allerdings wird doch gelegentlich etwas arg in Anspruch genommen. Auch wenn er nicht am Hungertuch nagt, große Sprünge kann er nicht machen, und das wirft ihm seine Frau auch immer wieder vor. Und zwar so oft, dass es den Leser auf Dauer nervt und man sich fragt, warum er nicht endlich seine Konsequenzen zieht. Und zwar eher, als er es dann letztlich tut. Hier wird die Geduld der Leser doch auf eine harte Probe gestellt.

Die Zeit des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Reformation ist gut dargestellt, anhand des Buchdruckes ist man sogar eher mittendrin statt nur dabei. Welche Mühe es war, einen guten Druck herzustellen, das ist schon beeindruckend und man staunt, wie einfach es doch heutzutage ist. So werden auch die Schwierigkeiten klar, die es im Buchdruck war, und wenn es nur die Papiersorte ist, die mehr oder weniger geeignet ist. Das minutiöse Erzählen, wie eine gedruckte Seite vorbereitet werden muss, ehe sie fertig ist, das ist interessant und tatsächlich auch spannend, weil mit viel Arbeit verbunden, was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. In diesen Erzählteilen liegt auch die Stärke der Erzählung, man merkt, dass sich der Autor in diesem Bereich gut auskennt und gewissenhaft recherchiert hat. Dazu gehört auch die Einrichtung und der Aufbau einer Offizin, wie man damals die Druckereien nannte.

Distanzierte Erzählweise

Die Personen sind zwar recht gut gezeichnet, allerdings bleibt zu allen eine merkwürdige Distanz, die der Erzähler nicht recht zu lösen weiß. Gerade zum Ende hin, wenn die Erzählstränge zeitlich etwas weiter werden, verliert man den Kontakt zu den Personen und stellt fest, dass manche Handlungsstränge nicht wirklich fertig erzählt wurden. Interessant wäre gewesen, wie es seinem Bruder weiter ergangen ist und vor allem, warum er seiner Frau nie richtig die Meinung gesagt hat. Die Menschen reden zu wenig miteinander, damals wie heute.

Dass sich am Ende der Kreis schließt, wenn auch unbeabsichtigt, ist ein versöhnlicher Schluß, wenn auch daher etwas sehr rührselig. Ein zweiseitiges Nachwort über die Anfangszeit des Buchdrucks und die tatsächlichen Personen ergänzen ein Buch, das nicht schlecht ist, dem aber der letzte Pfiff fehlt. Mehr Spannung und ein Johann Zainer mit etwas mehr Selbstbewusstsein im Privatleben hätten dem Buch durchaus gut getan.

 

Die Offizin

Wolfgang Trips, -

Die Offizin

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