In nomine mortis
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- Erschienen: Januar 2007
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- , 2007, Titel: 'In nomine mortis', Originalausgabe
So intensiv müssen<br> Mittelalterromane sein!
Ranulf Hidgen wächst als Bruder Ranulf in einem Dominikanerkloster in Köln auf. Mit 19 Jahren wird er nach Paris geschickt, um dort Doktor der Theologie zu werden. Doch es kommt zunächst alles anders, denn gerade im dortigen Kloster angekommen, teilt ihm dessen Prior Carbonnet mit, dass ein toter Ordensbruder im Schatten von Notre Dame aufgefunden wurde. Ranulf muss seine Studien verschieben, denn er wird kurzerhand zum Inquisitor ernannt und soll gemeinsam mit Bruder Philippe de Touloubre, dem scharfsinnigsten Inquisitor von Paris, den Mord an dem aus Deutschland stammenden Bruder Heinrich von Lübeck aufklären. Dieser wurde erstochen und konnte kurz vor seinem Tod noch die Worte ";terra perioeci" schreiben. Je mehr Philippe und Ranulf jedoch in Erfahrung bringen, desto verwirrender wird der Fall.
Eine Zeugin, die Schönfrau Jacquette, will gesehen haben, wie eine Person dem ermordeten Bruder ein Buch entwendet hat. Schnell gerät der Dekan der Domherren von Notre Dame, Nicolas d'Orgement, in Verdacht; ebenso wie der nicht auffindbare Vagant Pierre de Grande-Rue. Eine weitere Spur führt zu dem Lübecker Kaufmann Richard Helmstede, dessen Kogge vor einem Jahr zeitweise verschwunden war und eines Tages im Lübecker Hafen einlief. Nur sein ältester Bruder Otto befand sich noch, schwer verletzt, lebend an Bord und vertraute sich dem herbeigeeilten Mönch Heinrich von Lübeck an. Dieser beorderte Richard nach Paris, doch hat er angeblich keine Ahnung warum.
Bei dem ermordeten Heinrich finden Philippe und Ranulf zahlreiche Münzen aus mehreren christlichen Ländern - und so führt ein Hinweis des Geldwechslers Pietro Datini die beiden Inquisitoren zu dem jüdischen Geldverleiher Nechenja ben Isaak, dessen zweiter Sohn als Rabbiner in Lübeck arbeitet. Während die Ermittlungen kaum vorankommen, gibt es einen weiteren Mord. Zu allem Überfluss befindet sich zudem Frankreich im Krieg mit England und wird landesweit vom Schwarzen Tod bedroht...
Möchte wirklich jemand im Mittelalter gelebt haben?
";In nomine mortis" katapultiert seine LeserInnen förmlich ins Mittelalter. Sehr eindringlich werden die Lebensverhältnisse dargestellt. Es stinkt und lärmt an jeder Ecke und bei aller gegenwärtigen Mittelalter-Euphorie, so wirklich möchte man nicht in dieser Zeit leben. Alleine schon die gängige Hauptmahlzeit, bestehend aus Brot, Zwiebeln und Wasser (ja, das wars auch schon), drängt sich nicht auf.
Cay Rademacher erzählt nicht nur eine spannende Geschichte, in der es zu mehreren Mordfällen kommt, sondern gibt vor allem detaillierte Einblicke in das Stadtleben von Paris, wo im Jahre 1348 bereits über 200.000 Menschen leben. Je nachdem, was man unter dem Begriff ";leben" so versteht. Nicht mitgerechnet eine Unzahl an Ratten, Kakerlaken und sonstigen Tieren, die sich auf den Straßen der Stadt herumtreiben. Dazu runden Einblicke in die Viertel der Gerber, Färber, Fleischer und sonstigen Gilden das Bild ab.
Vergleiche mit ";Im Namen der Rose" drängen sich auf
Ebenso eindringlich wird über das Leben der Mönche im Kloster Saint-Jacques geschrieben. Wer entsprechende religiöse Hintergrundkenntnisse über den Ablauf von Messen etc. hat, kommt hier leicht zurecht, ansonsten lernt man viel dazu und so fehlt auch nicht im Anhang des Buches eine Übersicht über die Gottesdienste im Verlauf eines Tages, beginnend mit den Vigilien beziehungsweise Nocturnes und endend mit dem Komplet. Apropos Anhang: Hier werden auf stolzen elf Seiten die in der Story auftauchenden lateinischen Begriffe und Zitate übersetzt, sofern dies nicht in der Geschichte selber geschieht. Wer also des Lateinischen nicht mächtig ist, darf des Öfteren hin und her blättern, wie man es bereits von ";Der Name der Rose" kennt. Übrigens eine von mehreren Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Büchern. Leider fehlt im Anhang eine Personenübersicht, die hilfreich gewesen wäre.
Ein Mönch, zudem ein Inquisitor,
ist zwischen drei Frauen hin- und her gerissen
Das bei Nymphenburger als "historischer Kriminalroman" erschienene Buch ist in erster Linie all jenen zu empfehlen, die sich für das Mittelalter, die Stadt Paris und das Leben in einem Kloster interessieren. Der Kriminal-Plot einschließlich Auflösung ist zwar ebenfalls durchaus akzeptabel, stellt aber nicht den Schwerpunkt der Geschichte dar. Zudem lernen wir noch ein bisschen über die Kartografie der damaligen Zeit und erfahren abschließend, was es mit dem Worten ";terra perioeci" oder dem Land der Periöken auf sich hat. Wäre also nur noch der Schwarze Tod zu überleben, der auf den letzten Seiten Paris heimsucht und zahlreiche Bewohner der Stadt dahinrafft. Bis dahin wissen wir dann auch, wem die große Liebe von Bruder Ranulf gilt: der Schönfrau Jacquette, der Reedersgattin Karla Helmstede oder Lea bas Nechenja, der Tochter des jüdischen Geldverleihers...
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